BeReal: Echte Einblicke, echte Risiken?

Statt inszenierten und bearbeiteten Fotos sollen bei BeReal authentische Momente gezeigt werden. Die App ist besonders bei Kindern und Jugendlichen beliebt. Wie funktioniert BeReal und was müssen Eltern darüber wissen?

Eine Frau fotografiert ihr Essen
Helena Lopes/Pexels

BeReal versteht sich selbst als „die einfachste Fotosharing-App“. Die Idee dahinter: Alle NutzerInnen teilen gleichzeitig Live-Eindrücke aus ihrem Alltag – ungestellt und unbearbeitet. Damit das funktioniert, erinnert eine Push-Benachrichtigung einmal am Tag zu einer zufälligen Zeit daran, ein Foto zu machen und zu teilen. Wenn die App dann geöffnet wird, haben NutzerInnen nur zwei Minuten Zeit, um ein Foto aufzunehmen. Das soll dafür sorgen, dass die Bilder authentisch bleiben und Einblicke aus dem realistischen Alltag zeigen. Fotos aus der Galerie können in der App nicht hochgeladen werden. Wer rechtzeitig postet, hat an dem jeweiligen Tag zusätzlich noch zwei Schnappschüsse zur Verfügung, die zu einem selbstgewählten Zeitpunkt aufgenommen werden können. 

Die veröffentlichen Fotos bleiben für die eigenen Kontakte so lange sichtbar, bis die Zeit für das nächste BeReal gekommen ist, und erinnern an Snapchat-Storys. Bilder von FreundInnen werden mit einem „RealMoji“ (einem eigens erstellten Emoji) versehen oder kommentiert. Statt die Fotos nur mit den eigenen Kontakten zu teilen, können sie über die Discovery-Funktion auch von NutzerInnen aus aller Welt gezeigt werden. Diese Funktion ähnelt der Karte bei Snapchat.

BeReal: Mindestalter und Datenschutz

Wer die App herunterlädt, muss bei der Anmeldung zunächst den Namen und das Geburtsdatum eingeben. Das Mindestalter für die Nutzung der App liegt bei 13 Jahren, wird allerdings nicht überprüft. Für die Registrierung ist die Telefonnummer nötig, über die Kontakte gefunden werden können, die BeReal ebenfalls nutzen. Alternativ können sie auch über einen Nutzungsnamen gesucht werden.

In der Datenschutzerklärung von BeReal heißt es, dass die App während der Nutzung Inhalte sammelt, die über BeReal erstellt werden – also die aufgenommenen Fotos und geschriebenen Kommentare. Außerdem setzt die App Cookies. Zu beachten ist, dass der BeReal-Account gelöscht werden sollte, bevor Nutzer*innen ihre Telefonnummer wechseln, da es nicht möglich ist, ein Konto auf eine neue Nummer zu übertragen. 

Gegen die Online-Perfektion

Anders als in den verbreiteten Sozialen Netzwerken geht es bei BeReal weniger stark darum, sich möglichst perfekt in Szene zu setzen. Die App bietet keine Fotofilter oder Nachbearbeitungsmöglichkeiten wie zum Beispiel die App Snapchat, die ebenfalls für Schnappschüsse genutzt wird. Da der Zeitpunkt zum Posten nicht frei wählbar ist, ist es auf BeReal auch weniger wahrscheinlich, dass nur ausgewählte Eindrücke präsentiert werden. Stattdessen können NutzerInnen Bilder vom Gassigehen oder Staubsaugen hochladen. Verspätet gepostete BeReals werden als „late“ markiert und so deutlich gemacht, dass das Foto kuratiert sein kann. Außerdem eine Erleichterung für NutzerInnen: Likes und FollowerInnenzahlen werden nicht angezeigt, was die Plattform für InfluencerInnen weniger interessant macht.

Darauf können Eltern achten

Wenn Kinder BeReal nutzen wollen, machen die Eltern sich am besten selbst ein Bild von der App. So können sie Für und Wider abwägen. Wenn sie die App noch nicht erlauben, haben sie durch ihre eigenen Erfahrungen gute Argumente, um ihre Entscheidung zu erklären. Wenn sie die App erlauben, können Eltern ihr Kind kompetent bei der Anmeldung begleiten. Gemeinsam können sie sich mit der App vertraut machen und sichere Einstellungen treffen. Dabei empfiehlt es sich, als Nutzungsname nicht den Klarnamen zu verwenden und nur Personen als Kontakte hinzuzufügen, die das Kind aus dem echten Leben bereits kennt. In den Einstellungen können Push-Benachrichtigungen über Kommentare unter dem eigenen BeReal ausgeschaltet werden, damit nicht bei jedem Aufblinken die App gecheckt wird. Wenn Eltern sich von Ihrem Kind dann zeigen lassen, was es an der App fasziniert, können sie anschließend über Risiken reden: Sie können besprechen, worauf beim Hochladen eines BeReals alles geachtet werden muss. Zum Schutz des Kindes ist es sinnvoll, dass sie abmachen, dass der Standort beim Posten nicht geteilt wird und nichts über die Discovery-Funktion veröffentlicht wird – in Kombination mit dem Foto macht sich das Kind sich sonst sehr leicht auffindbar für alle Kontakte.

  • Unbedachtes Posten
    Statt ewig nach dem besten Motiv zu suchen, sollen NutzerInnen auf BeReal ohne viel Nachdenken posten. Gerade das kurze Zeitfenster von zwei Minuten soll zu Spontanität anregen. Eltern müssen ihrem Kind klarmachen, dass Fotos nicht geteilt werden dürfen, ohne sie noch einmal genau zu überprüfen – auch nicht mit den eigenen Kontakten. Im Hintergrund sollten zum Beispiel keine Gegenstände zu sehen sein, die nicht gezeigt werden sollen. Auch zu privat darf es nicht werden. Kinder und Jugendliche sollten immer die Frage beachten, ob das Bild ihnen später peinlich sein könnte oder zu unangenehmen Konsequenzen führen kann. Denn die BeReals können durch andere NutzerInnen gescreenshotet und weiterverbreitet werden. Aber auch Persönlichkeitsrechte Dritter müssen gewahrt werden: Auf dem BeReal sollten keine anderen Personen ohne ihr Einverständnis zu sehen sein.

  • Druck durch Push-Benachrichtigungen
    Dadurch, dass bei BeReal nur einmal pro Tag gepostet werden kann, ist die Nutzung der Plattform weniger zeitintensiv als andere Foto-Plattformen. Wann allerdings die NutzerInnen die Nachricht „Es ist Zeit für ein BeReal“ erhalten, ist nicht vorhersehbar, sondern von Tag zu Tag unterschiedlich. Das Zeitfenster kann natürlich auch auf das Familienabendessen oder die Hausaufgaben fallen – eigentlich medienfreie Zeiten. Die Funktionsweise von BeReal kann so bei den jungen NutzerInnen den Wunsch stärken, immer erreichbar zu sein und das Smartphone nicht aus den Augen zu lassen. Indem Eltern mit gutem Beispiel voran gehen und ihr eigenes Gerät bewusst auch mal zur Seite legen, können sie ihrem Nachwuchs einen verantwortungsbewussten Umgang mit Medien zu vermitteln.