Wann sind die Kleinen groß genug für die Medienwelt?

Kinder kommen heute immer früher mit digitalen Medien in Berührung. Eltern fragen sich, ab welchem Alter Medienkonsum sinnvoll ist und welche Medieninhalte oder Geräte sich eignen? Das Fernsehen ist Leitmedium bei Kleinkindern, doch Smartphones und Tablets spielen eine immer größere Rolle. Ausschlaggebend für die Mediennutzung der Kleinsten ist, inwieweit sie Inhalte überhaupt schon verstehen können.

Ein Kind schaut Fernsehen
Myst/Fotolia

Da Eltern und Geschwister Medien oft nutzen, wird auch das Interesse der Kleinsten schon früh geweckt. Doch gerade Kleinkinder brauchen ganzheitliche Erfahrungen wie gemeinsame Spiele in der Familie, Entdeckungen in der Natur und Sport. Konfrontieren Eltern ihre Kinder zu früh mit elektronischen Medien, besteht die Gefahr, dass diese Erfahrungen zu kurz kommen und solche in der medialen Welt Kinder überfordern.

Jünger als ein Jahr

In den ersten Wochen nehmen Babys Medien lediglich als Reizquelle wahr, die Geräusche und Lichteffekte aussendet. Sie können noch nicht bewusst auf diese Eindrücke reagieren, aber sie können schon ihre Reizüberflutung ausdrücken – und schreien oder schlafen plötzlich ein. Am Ende des ersten Lebenshalbjahres beobachten Kinder vor allem, wie andere Menschen mit Medien umgehen und versuchen, sie nachzuahmen: Nach dem Mobiltelefon greifen oder Geräusche nachmachen. Geht es auf den ersten Geburtstag zu, wächst das Interesse für Medien: Sie werden als Spielzeug genutzt, jedoch eher zufällig und nicht zielgerichtet. Beim Spielen auf dem elterlichen Smartphone oder Tablet ahmen Kinder die Wischbewegung der Eltern nach, statt zielgerichtet zu wischen. In diesem Alter haben Kinder noch kein Verständnis für die Bildhaftigkeit der Inhalte und versuchen zum Beispiel Gegenstände aus dem Bildschirm herauszuholen. Ein eigenständiger Umgang mit Medien ist noch nicht möglich, da grundlegende motorische und mentale Fertigkeiten noch fehlen. Erst mit etwa einem Jahr verstehen Kinder, dass das Bild selbst ein Gegenstand ist und etwas zeigt.

Ein bis zwei Jahre alt

Haben Kinder ein Verständnis für Bildhaftigkeit entwickelt, können sie digitale Inhalte von realen Gegenständen unterscheiden. Jetzt können sie bald einfache Bildgeschichten mit Nähe zum kindlichen Alltag verstehen. Auch einfache Bewegungsabläufe wie das Wischen und Tippen funktionieren gut. Sie sind aber nicht als zielgerichtete Nutzung von mobilen Medien zu verstehen. Mit dem steigenden Interesse an anderen Menschen, der Entwicklung der Phantasie und der Sprache verändert sich die Bedeutung von Medien für Kinder im zweiten Lebensjahr. Sie wenden sich bewusster und zielgerichteter medialen Inhalten und Geräten zu. Außerdem zeigen sie sich interessiert an spielerischen und kreativen Aktivitäten wie zum Beispiel dem Fotografieren. In diesem Alter machen Kinder meist verstärkt Fernseherfahrungen, auch können sie erste mediale Botschaften entschlüsseln. Zweijährige verstehen einfache digitale Spiele und entdecken die Wiedergabefunktion für Fotos oder Videos auf mobilen Medien. Ihre Aufmerksamkeitsspanne reicht schon für kurze und einfache Sequenzen.

Trotzdem ist es für Kinder unter drei Jahren wichtiger, erst einmal die reale Welt mit allen Sinnen zu erfahren, bevor sie elektronische Medien entdecken.

Drei bis vier Jahre alt

Nach dem dritten Geburtstag können Kinder Medien gezielter nutzen – in Begleitung ihrer Eltern und in überschaubarem Maß. Dabei sind Tablets leichter und intuitiver selbst zu bedienen als Laptops oder Computer. Diese sind erst ab dem Vorschulalter geeignet.

Mit fortschreitendem Alter wächst die Fähigkeit der Kinder, Symbolsysteme medialer Inhalte zu entschlüsseln. Voraussetzung dafür bleibt weiterhin eine einfache Erzählstruktur und der Bezug zu ihrer Lebenswelt. Kinder können in Videos oder Filmen Ausschnitte und Figuren wahrnehmen und in Bezug zum eigenen Ich setzen. Tipp- und Wischbewegungen auf dem elterlichen Tablet oder Smartphone werden gezielt eingesetzt. Neben der Rezeption gewinnen Medien als Mittel für gestalterisch-produktives Handeln an Bedeutung. Die erworbenen Fähigkeiten im Umgang mit Medien können mit und über Medien erweitert werden. Eltern können ihre Kinder geduldig begleiten, ihre Fragen beantworten und immer wieder das Verständnis für das Gesehene erweitern. Dabei helfen Wiederholungen, um das Verständnis von Inhalten und Abläufen zu festigen.

Fünf bis sechs Jahre alt

Medien dienen Kindern in diesem Alter als Wissensquelle, zur Orientierung, Unterhaltung und als Spielgeräte. Erste kindgerechte Online-Angebote gewinnen an Bedeutung. Sie nehmen das Internet als Speicher für Filme, Spiele und Musik wahr. Kinder verstehen nun einfache Lern- und Geschicklichkeitsspiele mit zweidimensionaler Grafik. Bei audiovisuellen Geschichten konzentrieren sie sich auf zentrale Personen und vollziehen auch zunehmend deren Gefühle nach. Da die Lese- und Schreibfähigkeiten noch nicht entwickelt sind, brauchen die Kinder die Unterstützung von Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen.