YouNow: Das sollten Eltern über die Live-Streaming-Plattform wissen

Die kostenlose Streaming-Plattform „YouNow“ ermöglicht es, Videos und Videochats in Echtzeit im Internet zu übertragen und ist bei Kindern beliebt. Was macht „YouNow“ für Heranwachsende so attraktiv? Welche Risiken verbergen sich hinter der Plattform? Und worauf sollten Eltern achten?

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Während „YouNow“ ursprünglich für YouTuberInnen und ihre Fans gedacht war, wird die Plattform inzwischen vor allem von Jugendlichen genutzt, um sich anderen mitzuteilen und das Publikum an ihrem Leben teilhaben zu lassen. Im Gegensatz zu „YouTube“ werden Videos bei „YouNow“ live übertragen – einer der Anreize für viele Kinder und Jugendliche, zugleich aber eine Quelle für einige Risiken.

Anmeldung und technische Voraussetzungen

Der erste Punkt, der für Heranwachsende für „YouNow“ spricht, ist die einfache Anmeldung. Nach dem Herunterladen der App auf ein mobiles Endgerät wie beispielsweise ein Smartphone kann man sich mit seinem Facebook-, Gmail- oder Twitter-Konto registrieren. Das offizielle Mindestalter von 13 Jahren kann leicht durch die Angabe eines falschen Geburtsdatums umgangen werden.
Auch für die Übertragung eigener Videos benötigt man nicht viel – lediglich ein Gerät, das über eine Kamera und ein Mikrofon verfügt. Hat man sein Smartphone dabei, kann man also von überall aus streamen.

Welche Funktionen bietet YouNow?

NutzerInnen von „YouNow“ können Videos und Videochats live ins Internet übertragen und anderen StreamerInnen zusehen. Rechts von jedem Stream befindet sich ein Chatfenster, in das registrierte Mitglieder öffentlich Kommentare und Fragen schreiben können. Auf diese Weise können StreamerInnen und ZuschauerInnen miteinander interagieren. Eine Kommunikation ist zudem über Privatnachrichten sowie – ähnlich wie bei Facebook – über das Hinterlassen öffentlicher Nachrichten in der Chronik eines NutzerInnenprofils möglich. Solch ein Profil kann optional angelegt werden und zeigt neben einem hochgeladenen Foto und eingepflegten personenbezogenen Daten auch die an StreamerInnen vergebenen Likes sowie eine chronologische Auflistung der eigenen Videos. Zusätzlich ist im Profil das Level des/r NutzerIn zu sehen. Dieses ist unter anderem von der Anzahl der Likes, der ZuschauerInnen, der eingestellten Live-Streams und der virtuellen Geschenke abhängig. Registrierte „YouNow“-Nutzerinnen und Nutzer können mit realem Geld eine virtuelle Währung erwerben und so virtuelle Geschenke kaufen und an andere Mitglieder versenden.

Welche Risiken birgt der Live-Streaming-Dienst?

Niedriger Jugendschutz

„YouNow“ steht aufgrund eines niedrigen Jugendschutzes in der Kritik. Die Kontrolle durch den Anbieter ist unzureichend: Jugendgefährdende Inhalte wie Selbstverletzung und Pornografie sind auf „YouNow“ zu finden. Aufgrund der Masse an Echtzeit-Videos können ModeratorInnen nicht schnell genug auf Meldungen durch UserInnen reagieren und unangebrachte Inhalte entfernen. Zudem wird das Alter bei der Anmeldung nicht ausreichend überprüft, so dass auch Kinder unter 13 Jahre die Plattform nutzen.

 

Ungewollte Kontaktaufnahme

NutzerInnen können „YouNow“ relativ anonym nutzen. So ist nicht immer ersichtlich, wer sich hinter einem Profil versteckt und welche Absichten die Person verfolgt. Dadurch kann die Plattform für Mobbing, Stalking und Cybergrooming missbraucht werden.

 

Unvorsichtiger Umgang mit sensiblen Daten

Bei der Anmeldung mit einem Facebook-Konto wird meist der vollständige Klarname preisgegeben. Auch die E-Mail-Adresse, das Geschlecht und der Wohnort (Stadt und Land) können im Profil angegeben werden. In Live-Videos verraten StreamerInnen ihren Zuschauerinnen und Zuschauern oft private Details, zum Teil sogar die genaue Adresse oder die besuchte Schule. Auch auf intime Fragen oder sexuelle Aufforderungen aus dem Live-Chat gehen manche StreamerInnen ein. Die Echtzeit-Übertragung macht es unmöglich, Handlungen oder Gesagtes zurückzunehmen. Zudem können Live-Streams auch nachträglich noch als Video angesehen werden.

 

In-App-Käufe

Mit realem Geld können NutzerInnen virtuelle Währung („bars“) erwerben und damit virtuelle Geschenke, sogenannte „premium gifts“, kaufen und an andere Mitglieder versenden. Hier besteht die Gefahr, dass Kinder den realen Gegenwert nicht erkennen und folglich zu viel Geld in der App ausgeben. Zudem ist es möglich, PayPal als Zahlungsmethode auszuwählen. Dies kann dann problematisch werden, wenn Kinder die PayPal-Daten ihrer Eltern verwenden. Um sicherzugehen, dass keine unbefugten Zahlungen über ihr PayPal-Konto getätigt werden, sollten Eltern die Zwei-Faktor-Authentifizierung bei PayPal einrichten. So kann eine Anmeldung oder Zahlung immer nur über die Eingabe eines per SMS erhaltenen Codes erfolgen.

 

Rechtsverletzungen

Viele „YouNow“-NutzerInnen verstoßen – meist unwissentlich – gegen Persönlichkeitsrechte, wie das Recht am eigenen Bild und das Recht am gesprochenen Wort: Mitgefilmte Personen, zum Beispiel auf Partys oder gar im Unterricht, werden weder um Erlaubnis gebeten noch über das Mitfilmen in Kenntnis gesetzt.
Das Abspielen von urheberrechtlich geschützter Musik in einem Video kann Kosten an die GEMA mit sich ziehen.
Nähere Infos zu Persönlichkeits- und Urheberrechten im Internet finden Sie in dieser Broschüre von „iRights“ und „klicksafe“.

SCHAU HIN!-Tipps im Überblick

  • Mindestalter beachten
    Eltern sollten das Mindestalter von „YouNow“ berücksichtigen und ihrem unter 13-jährigen Kind die Nutzung der Plattform noch nicht erlauben. Den Zugriff darauf können sie gegebenenfalls sperren, zum Beispiel über die Sicherheitseinstellungen des Android- oder iOS-Geräts oder über die Jugendschutz-App Google Family Link.
  • Interesse zeigen
    Erlauben Eltern ihren Kindern die Registrierung auf der Plattform, können Sie es bei der Anmeldung und Nutzung begleiten, sich mit der App vertraut machen und Interesse zeigen. Lassen Sie sich von Ihrem Kind erklären, was es an der App fasziniert und wieso es bestimmte StreamerInnen toll findet.
  • Über Risiken aufklären
    Sprechen Sie mit Ihrem Kind über mögliche Risiken und Konsequenzen. Gehen Sie dabei insbesondere auf den Umgang mit persönlichen Daten, ungewollte Kontakte und mögliche Rechtsverletzungen ein.
  • Regeln festlegen
    Vereinbaren Sie Regeln bezüglich des Umgangs mit personenbezogenen Daten, der Kommunikation mit NutzerInnen und des eigenen Streamens. Auch über In-App-Käufe sollte gesprochen und eventuell die Möglichkeit solcher Käufe eingeschränkt oder gesperrt werden. Wenn Sie In-App-Käufe erlauben, ist es sinnvoll, ein Limit festzulegen, das auch an das Taschengeld des Kindes geknüpft sein kann. Wichtig ist auch, feste Nutzungszeiten für die Plattform zu vereinbaren. Die anderen (offline) Interessen des Kindes sollten langfristig nicht zu kurz kommen.
  • Stark machen bei Belästigung
    Zeigen Sie Ihrem Kind, wie es belästigende NutzerInnen melden und blockieren kann. Auch außerhalb der Seite des Betreibers gibt es Anlaufstellen wie jugendschutz.netinternet-beschwerdestelle.de und jugend.support. Als Beweise dienen dort Screenshots und Notizen zu Datum, Uhrzeit, Nickname sowie weitere Details zu Vorfall und TäterIn.
    Zeigen Sie Ihrem Kind außerdem Möglichkeiten auf, wie es mit negativen Kommentaren umgehen, sich wehren und möglichst wenig Angriffsfläche bieten kann. Zudem hilft es, wenn Eltern das Selbstvertrauen ihres Kindes stärken, damit es sich leichter von belästigenden Personen und Inhalten distanzieren kann.