Beliebte Makeover-Spiele können schädliche Botschaften senden

NEWS

Über 10 Millionen Mal wurde die Anwendung „Project Makeover“ allein für Android-Geräte heruntergeladen. Doch das Umstyling-Spiel sendet zweifelhafte Botschaften in Bezug auf Schönheitsideale. Besonders jüngere NutzerInnen sind in ihrem Selbstbild oft noch nicht gestärkt und könnten dadurch an ihrem Aussehen zweifeln.

freestocks – unsplash.com

In den letzten Wochen belegte „Project Makeover“ im App Store von Apple den ersten Platz in der Kategorie „Puzzle“. Solche Umstyling-Spiele sind häufig im bunten Comic-Stil gehalten und stoßen damit besonders bei jüngeren Kindern auf Interesse. Die NutzerInnen können die Figuren im Spiel schminken und frisieren. Dahinter steckt nicht immer nur harmloser Spielspaß: Die Beauty-Inhalte prägen die Körperideale von Heranwachsenden.

Virtuelle Verschönerung: So funktioniert „Project Makeover“

„Hilf Menschen mit einem dringend benötigten Makeover, ihre Träume zu verwirklichen!“ – So beschreibt der Anbieter das Game „Project Makeover“. Die SpielerInnen können den weiblichen Figuren ein Umstyling verpassen.

In der Werbung für das Game sieht man Mädchen mit viel Körperbehaarung, Pickeln und schiefen Zähnen. Die weiblichen Figuren scheinen traurig: Andere grenzen sie aus und machen sich sogar über sie lustig. Um akzeptiert zu werden, unterziehen sich die Mädchen in dem Spiel verschiedenen Schönheitsbehandlungen: Mit gezupften Augenbrauen, rasierten Beinen und Make-Up verhelfen die UserInnen der App ihren virtuellen Kundinnen vermeintlich zu einem besseren Leben. Daneben lassen sich auch Outfits und Inneneinrichtung für die Figuren zusammenstellen. Für die Eingriffe werden Münzen benötigt: Diese müssen in Minispielen erspielt oder mit echtem Geld durch In-Game-Käufe erworben werden. „Project Makeover“ ist im Google Play Store ohne Altersfreigabe, im App Store von Apple ab vier Jahren zu finden.

Risiken von Makeover-Spielen

Solche Umstyling-Games sind keine Neuheit: Seine Ursprünge findet das Spiel-Genre „Dress-Up“ im 18. Jahrhundert, damals in Form von Papier-Anziehpuppen. Seit den 90er Jahren erfreut sich diese Art von Spiel auch virtuell großer Beliebtheit. Im Internet finden Kinder und Jugendliche zahlreiche Plattformen, auf denen sie für die Figuren „verschönern“ können. Dazwischen mischen sich sogar Spiele, in denen die Kinder dazu ermuntert werden, ihre Kundinnen mit Schönheits-Operationen zu „helfen“.

Dr. Iren Schulz, Mediencoach bei SCHAU HIN!, erklärt, dass zur Kindheit und Jugend die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körperbild und mit Fragen der körperlichen Attraktivität dazugehören. Weil Jugendliche besonders in der (vor-)pubertären Zeit noch nicht in ihrem Körperbild gefestigt sind, suchen sie nach Orientierungshilfen. Sie finden häufig Vorbilder in medialen Figuren der Unterhaltungsindustrie, sei es in Casting-Shows oder durch Influencer*innen.

Zu den zweifelhaften Botschaften, die Spiele wie „Project Makeover senden, sagt Dr. Iren Schulz: „Die Apps haben es ganz schön in sich, weil da eben nicht nur gesagt wird, wie man sich zu stylen und zu schminken hat, sondern auch, dass man selbst schuld ist, wenn man von anderen abgelehnt wird und dass man nur glücklich sein kann, wenn man sich geltenden Schönheitsidealen anpasst“. Vor allem durch die Erstellung von eigenen Avataren in der App bestehe die Gefahr, dass Kinder sich diese als Maßstab nehmen. Ungesunde Körperideale in Medien bergen das Risiko, dass Heranwachsende ihren eigenen Körper als mangelhaft empfinden. Die Fokussierung auf Äußerlichkeiten in den Medien kann schädlich sein: Sie beeinträchtigt das Selbstwertgefühl negativ und kann in manchen Fällen krankhaftes Ess-Verhalten auslösen oder verstärken.

Aufklären und Begleiten

Dr. Iren Schulz rät Eltern, die Augen offen zu halten: Wenn das eigene Kind von den Umstyling-Apps schwärmt, ist es wichtig, dass Eltern Interesse dafür zeigen. Sie sollten den Gebrauch nicht verbieten, sondern versuchen, die Begeisterung dafür respektieren und zu verstehen. Wenn man das Spiel zusammen spielt, können Eltern sich ein Bild von den Inhalten machen und ihr Kind nach den Gründen für die Spielvorliebe fragen. Im Gespräch lassen sich gängige Schönheitsideale und medialer Schönheitswahn besprechen und in Frage stellen. Ebenso ist es wichtig, auch außerhalb der Mediennutzung das Selbstbewusstsein der Heranwachsenden zu stärken – beispielsweise durch das Anerkennen ihrer Fähigkeiten und Interessen. Wenn Kinder sich wertgeschätzt fühlen, sind sie weniger anfällig dafür, Unsicherheiten zu kompensieren, indem sie fragwürdigen Schönheitsidealen nacheifern. Bei Kindern und Jugendlichen, die sichere Bindungen und einen guten sozialen Rückhalt haben, treffen die potenziell schädlichen Botschaften von Beauty-Spielen auf weniger fruchtbaren Boden.