Cybergrooming: Sexuelle Belästigung in der digitalen Welt

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Der jüngste Skandal um die App Musical.ly (jetzt: TikTok) hat es erneut gezeigt: Social-Media-Dienste bergen Gefahren, dass Kinder und Jugendliche sexuell belästigt werden. Erwachsene bauen Vertrauen auf, um an freizügige Fotos Heranwachsender zu gelangen. Das Risiko kann verringert werden, wenn Eltern mit ihrem Kind altersgerechte Online-Angebote auswählen, Sicherheitsregeln vereinbaren und sich dafür interessieren, mit wem ihr Kind Kontakt im Netz aufnimmt.

Ein blondes Mädchen mit rotem Shirt und Kopfhörern sitzt auf der Couch mit angezogenen Knien und sieht sich etwas auf dem Smartphone an.
iStock.com/Chalabala

Cybergrooming

(vom Englischen: anbahnen, vorbereiten) Das gezielte Ansprechen Minderjähriger über das Internet mit dem Ziel, sexuelle Kontakte anzubahnen.

Die TäterInnen nutzen meist falsche Identitäten und überreden die Kinder zum Übersenden von Nacktaufnahmen oder sogar zu persönlichen Treffen. Zuletzt hat die App TikTok (ehemals Musical.ly) Schlagzeilen gemacht, weil junge NutzerInnen hier unter Hashtags wie #bellydance vermeintlich aufreizende Fotos hochluden und ältere NutzerInnen sie offensichtlich daraufhin ansprachen.

 

Es wird Interesse an Hobbys vorgetäuscht oder Ruhm versprochen

„Die TäterInnen bauen zuerst Vertrauen auf, indem sie sich für die Hobbys der Opfer interessieren, entlocken ihnen dann häufig Geheimnisse, um sie dann damit zur Herausgabe zum Beispiel von Fotos zu zwingen“, erklärt SCHAU HIN!-Mediencoach Iren Schulz. Eine andere Vorgehensweise ist, sich als ModelagentIn oder Star auszugeben und Ruhm zu versprechen. Einige handeln mit dem Ziel, Treffen in der realen Welt zu vereinbaren.

Tipps für Eltern

  • Kind begleiten: Gerade anfangs ist es sinnvoll, Apps wie TikTok (Musical.ly) gemeinsam zu installieren und sich Web-Angebote genau anzuschauen. So wissen Eltern, was in den Angeboten geschieht und ab wie vielen Jahren sie überhaupt freigegeben sind – und können auch die Sicherheitseinstellungen übernehmen. 
  • Regeln vereinbaren: Wichtig ist, dass Eltern mit ihren Kindern über Risiken sprechen und Grundsätze vereinbaren. Persönliche Daten sind unbedingt schützenswert und nicht unbedacht herauszugeben. Auf Profilen in Sozialen Netzwerken können Informationen in der Regel nur für Freunde und Freundinnen sichtbar geschaltet werden. Bei Kontaktaufnahmen von Fremden ist es ratsam, sich immer an die Eltern zu wenden – dies wird ohnehin besser vorsorglich in den Einstellungen unterbunden. Webcams sind besser ausgeschaltet. Grundsatz: Niemals freizügige Fotos posten, da immer die Gefahr besteht, dass diese Fotos missbraucht werden.
  • Aufmerksam bleiben: Wenn Kinder verstanden haben, dass es im Internet auch Menschen gibt, die keine guten Absichten haben, ist es für sie einfacher, aufmerksam und misstrauisch zu sein. Wer sehr viele Komplimente macht, nach Aufenthaltsorten fragt oder gar dazu rät, das Gespräch vor Freunden und Eltern geheim zu halten, macht sich verdächtig.

Vorfälle bei der Polizei anzeigen

Erfahren Eltern von Belästigungen sollten sie mit ihrem Kind behutsam über den Hergang und die nächsten Schritte sprechen, Beweise sichern und Verstöße den BetreiberInnen melden. In schweren Fällen sollte sich an Beratungsstellen gewendet und die Polizei kontaktiert werden, um Anzeige zu erstatten.

Laut KIM-Studie 2020 haben vier Prozent der Sechs- bis 13-Jährigen schon einmal unangenehme Kontakte im Internet getroffen, drei Prozent mehrmals. Mädchen waren zu fünf Prozent einmal und zu zwei Prozent mehrmals betroffen. Jungen machten zu drei Prozent einmal schlechte Erfahrungen und zu ebenfalls zu drei Prozent mehrmals. Auf Nachfrage, wo unangenehme Konfrontationen passiert seien, nennen 24 Prozent Instagram, 15 das Chatten allgemein und 13 Facebook.