Erwachsenwerden in einer Online-Welt: Filmtipp zu „LOMO“

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Das Coming-of-Age-Drama LOMO – THE LANGUAGE OF MANY OTHERS kommt am 12. Juli in ausgewählte Kinos. Es geht um Liebe, das Erwachsenwerden – und den Umgang mit Sozialen Netzwerken und Online-Communitys. Auch für Eltern ist der Film durchaus geeignet. Unser Mediencoach Kristin Langer hat sich den Film angesehen.

LOMO - THE LANGUAGE OF MANY OTHERS
Michal Grabowski/Flare Film GmbH

Kurz vor dem Abitur werden Karl Schalckwyck und seine Zwillingsschwester Anna immer wieder nach ihren Plänen für die Zukunft gefragt. Während Anna von einem Auslandstudium träumt, ist Karl noch unentschlossen. Seine Eltern scheinen trotz akademischer Ausbildungen nicht glücklich. Als Architekt steht sein Vater ständig unter Erfolgs- und Leistungsdruck ­– auch um den Lebensstandard der Familie zu finanzieren. Mit seiner Mutter kommt Karl ganz gut klar, doch mit seinem Vater kracht es oft. Warum Karl in Sozialen Netzwerken unterwegs ist, versteht er nicht. Und mit seinem Blog, so meint sein Vater, verschwende Karl nur Zeit und beweise nicht den nötigen Respekt vor der Privatsphäre anderer.

Dabei fühlt sich Karl richtig wohl mit seinen digitalen Kontakten und kann seine Sicht der Dinge in Texten und Filmserien teilen. Eine richtige Fangemeinde hat er schon, erntet Lob, aber auch kritische Fragen und fühlt sich herausgefordert, neue interessante Beiträge zuerstellen. Seine digitalen Freunde scheinen ihn zu verstehen, ganz anders, als seine Klassenkameraden, Lehrer und Eltern, deren Ansprüche er sicher nie erfüllt.

Als seine neue Nachbarin Doro in Karls Klasse kommt, steht er im Handumdrehen mit beiden Beinen wieder mitten im realen Leben – mittendrin in einer Liebesgeschichte, ein Lichtblick in seiner Welt voller Fragen und Zweifel. Doch Doro und Karl haben offenbar unterschiedliche Vorstellungen von einer Beziehung – und Karl muss die nächste Enttäuschung einstecken. Dass er seinen Frust seiner Bloggemeinde per Video mitteilt und dabei äußerst persönliche Aufnahmen von Doro und sich verwendet, ist der Auftakt für viele Schwierigkeiten und Missverständnisse, die Karls Leben von nun an bestimmen.

LOMO ist ein Film für die ganze Familie

In ihrem Spielfilmdebut LOMO – THE LANGUAGE OF MANY OTHERS setzt Regisseurin Julia Langhof die Geschichte von Karl Schalckwyck wirkungsvoll in Szene. Lomo verbindet das aktuelle Thema „Social Media im Alltag“ mit einer intensiven wie treffenden Bildsprache, in der mit Farb- und Bildeffekten Akzente gesetzt werden. Dadurch wird LOMO zu einem ausgesprochen ungewöhnlichen Film. Stets ist die Kamera dicht dran am Geschehen, begleitet die Hauptperson Karl auf Schritt und Tritt.

Der Zuschauer oder die Zuschauerin kann sich den Ereignissen kaum entziehen, sondern steckt mittendrin und erlebt hautnah mit, wie Karl seine Welt wahrnimmt und in ihr agiert. Ähnlich wie NutzerInnen digitaler Netzwerke ihr Leben offenbaren, können ZuschauerInnen unmittelbar an dem Karls teilhaben. Herausfordernd ist der Film zudem, da zur realen Handlungsebene geschickt die digitale Parallelwelt mit Chatnachrichten, Foto- und Filmmaterial inkl. Stimmen und Geräuschen montiert werden. Nachvollziehbar wird hier die Gleichzeitigkeit, in der sich Karls Erlebnisuniversum präsentiert und anfänglich kann der Zuschauer/die Zuschauerin staunen, wie selbstverständlich und souverän der junge Mann die Intensität aller Eindrücke für sich zu filtern scheint und strategisch auswertet. Da gibt es Situationen, die langweilen ihn, er entzieht sich bewusst dem Einfluss Erwachsener und boykottiert förmlich den sozialen Austausch mit ihnen. Nicht ungewöhnlich für jemanden, der sich an der Schwelle zum Erwachsenwerden befindet. Wünschen würde man der Hauptfigur aber gleichzeitig ein stabiles wie engagiertes soziales Netz in der realen Welt, das es offenbar nicht gibt. Im zweiten Teil entwickelt sich LOMO zum spannenden Krimi, wobei die Manipulationsmöglichkeiten über digitale Kanäle unaufhaltsam scheinen.

Sowohl aufgrund filmischer Stilmittel als auch inhaltlich ist LOMO eine interessante wie informative Produktion. Für Eltern gibt er Einblicke, in die Erlebniswelt junger Heranwachsender, gibt Hinweise auf Alltagssituationen, die sich in der eigenen Familie vielleicht ähnlich darstellen und liefert einige Erklärungsmuster. Die Hauptfiguren Karl und seine Schwester können an manchen Punkten die Gedanken und Gefühlswelt der eigenen Kinder erhellen, Verständnis wecken und sind im besten Falle Auslöser für Gespräche nach dem – vielleicht sogar gemeinsamen – Kinobesuch. Und darin kann es nicht nur um das angemessene Verhalten in digitalen Netzwerken gehen, sondern auch darum, wie ein vertrauensvolles Miteinander in der Familie und unter Freunden funktionieren kann.

Mehr Informationen zu LOMO

Kinostart: 12. Juli 2018

FSK: Ab 12 Jahren

http://www.lomo-derfilm.de/