Interview: „Ich lebe in einer Welt, die für viele Eltern völlig fremd ist“

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SCHAU HIN!-Video-Kolumnist Fabian Siegismund spricht über das neue Format „The Walking Dad“, über Vorbilder und Verantwortung bei YoutuberInnen.

The Walking Dad Intro
Fabian Siegismund / YouTube

SCHAU HIN!: Im neuen Format mit SCHAU HIN! erzählst du von Deinen Erfahrungen in der Medienerziehung (Youtube-Kanal). Was hat Dich zu „The Walking Dad“ motiviert?

Fabian Siegismund: Mir graut es immer ein bisschen davor, wenn Leute, die sich nur von außen mit dem Thema digitale Medien und insbesondere Gaming auskennen, sich dazu aufmachen, andere aufzuklären, die noch weniger Ahnung haben. Also habe ich mir gedacht, dass ich das auch selber machen kann. Denn ich lebe nun mal in einer Welt, die für viele andere Eltern in meinem Alter eine völlig fremde ist. Gleichzeitig glaube ich, dass ich von vielen jungen Leuten als Gleichgesinnter akzeptiert werde, trotz meines Alters. Ich kann mit »The Walking Dad« also hoffentlich beide ansprechen: die Eltern und ihre Kinder.

Mir graut es immer ein bisschen davor, wenn Leute, die sich nur von außen mit dem Thema digitale Medien und insbesondere Gaming auskennen, sich dazu aufmachen, andere aufzuklären, die noch weniger Ahnung haben.

SH: Du bist vor allem bekannt als so genannter „Let’s Player“. Viele Deiner Follower schauen Dir also gerne zu, wie Du Computerspiele spielst und kommentierst. Was fasziniert Dich an Computerspielen?

FS: Computerspiele sind in meinen Augen die komplexeste Kunstform, die sich der Mensch bislang ausgedacht hat. Sie vereinen Geschichten, Musik, Grafikdesign und Film und sind dabei interaktiv, müssen sich also direkt mit ihremn KonsumentInnen auseinandersetzen. Gleichzeitig geben uns Computerspiele die Freiheit, Dinge zu tun, die wir im echten Leben nicht tun können - oder zumindest nicht sollten.

SH: „Let’s Plays“ leben weniger von der Interaktion.

FS: Es kann auch spannend und unterhaltsam sein, jemandem anderes beim Spielen zuzuschauen. Das war schon in den Anfängen des Gaming so: Früher hat man seinem großen Bruder beim Zocken zugeschaut, heute schaut man seinem/seiner Lieblings-Lets-PlayerIn zu. Die, die wirklich erfolgreich sind, bringen auch immer diese Sympathie mit, dass man ihnen gerne zuhört. Meine Söhne nennen Let's PlayerInnen entsprechend auch nicht Let's PlayerInnen:

Erste Folge „The Walking Dad“ zu Medienfasten

SH: Siehst du dich als Gamer und Youtuber dabei als Vorbild?

FS: Ich halte es da wie Ben Parker, dem Onkel von Peter Parker (das ist Spiderman): „Mit großer Macht kommt große Verantwortung“. YoutuberInnen stehen in der Pflicht, mehr aus Ihrer Reichweite zu machen als verrückt-fröhlich in die Kamera zu plärren oder möglichst teure Hautcremes anzupreisen. Wir YoutuberInnen haben das Glück, dass uns junge Leute zuhören, vielleicht sogar zu uns aufschauen. Deshalb engagiere ich mich auch gerne für gesellschaftliche Themen, insbesondere gegen rechts.

Youtuber stehen in der Pflicht, mehr aus Ihrer Reichweite zu machen als verrückt-fröhlich in die Kamera zu plärren oder möglichst teure Hautcremes anzupreisen.

SH: Du beziehst also bewusst Position.

FS: Mitunter bekomme ich von meinen Zuschauer dann zu hören: „Kannst Du die Politik nicht aus Deinen Videos rauslassen? Ich will Dir eigentlich nur beim Zocken zugucken...“. Aber ich fürchte, die Zeiten, in denen man Politik einfach ignorieren kann, sind vorbei. Deshalb möchte ich junge Leute in den Bereichen mit dem Thema konfrontieren, in die sie eigentlich vor Politik fliehen: Auf meine Art, die es ihnen hoffentlich leichter macht, sich selbst für solche „schweren“ Themen zu interessieren. Und ich wünschte, das würden mehr YoutuberInnen machen.

SH: Du bist auch Vater zweier Söhne. Wie vereinbart ihr zu Hause Regeln für die Mediennutzung?

FS: Bei uns zu Hause machen grundsätzlich die Eltern die Regeln. Das nervt unseren Siebenjährigen, der das zunehmend ungerecht findet: „Immer bestimmt Ihr alles!“ Wir erklären ihnen dann, dass es für unsere Ansagen auch einen guten Grund gibt. Wenn wir merken, dass es keinen guten Grund für bestimmte Regeln gibt, dann ändern wir die auch. Unsere Kinder sollen merken, dass vernünftige Diskussionen zu Ergebnissen führen.