Wie aus "Beichte" Mobbing wird

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Bei Facebook und Instagram erzählen Schüler auf Beichtseiten intime Geheimnisse. Dass sie alles andere als anonym sind, ist vielen offenbar nicht bewusst.

Eine Frau haelt ein Smartphone in der Hand
Tirachard Kumtanom/Pexels

Auf Facebook und Instagram werden sogenannte „Beichtseiten“ immer beliebter. Hier teilen vermeintliche SchülerInnen unter Angabe von Alter und Geschlecht ihre Geheimnisse: die heimliche Liebe, harmlose Streiche, aber auch sexuelle Erlebnisse, Leid und Hass sind zu lesen. Viele der Seiten laufen mit dem Verweis auf bestimmte Schulen einer Sekundarstufe und haben weit mehr als 300 Mitglieder.

„Ich W/12* beichte, das ich auf Steffi* aus der 6c* stehe. (Ich bin lesbisch)“, schreibt eine Person bei Instagram. In den Kommentaren verlinkt ein anderer Nutzer jemanden mit dem Namen „Steffi“; die Angesprochene antwortet bloß mit vier weinenden Emojis und macht deutlich, dass sie den Post überhaupt nicht lustig findet. „OMG steffi du bist nur am leiden“, schreibt ein weiterer Nutzer und fügt ein lachendes Smiley an.

Aus vermeintlich anonymen Posts wird mit Angaben von Schulname, Klasse und dem Vornamen der Person ein einfaches Ratespiel unter MitschülerInnen. Das kann schnell in Mobbing ausarten. Zahlreichen NutzerInnen ist zudem offenbar nicht bewusst, dass die AdministratorInnen der Seite sehr wohl einsehen können, wer was veröffentlicht. So fordern zwei Betreiber einer solchen Seite, die auf eine Berliner Schule verweist, ihre 388 AbonnentInnen zum „Beichten“ auf. „Dient nicht zum Mobben, sondern zur Unterhaltung“, schreiben sie. Wer die Betreiber sind, lässt sich dabei nicht herausfinden.

*Angaben geändert

So können Eltern helfen

Seiten und digitale Angebote, auf denen Kinder und Jugendliche ihre Geheimnisse erzählen, sind nicht neu. Apps wie Whisper oder Secret sind bereits seit längerem auf dem Markt. Damit Eltern ihre Kinder davor schützen, können sie diese darauf ansprechen und offen fragen, ob sie die Seiten kennen und was sie davon halten. Als mögliche Gesprächspunkte können Eltern fragen, warum Jugendliche dort „beichten“ und welche Risiken das mit sich bringen kann. Eltern können außerdem mit dem Kind darüber sprechen, welche möglichen Ziele beichtende Jugendliche damit verfolgen in Bezug auf andere Nutzer, die ihre Beiträge lesen. Auch wäre das Interesse der Betreiber zu hinterfragen: warum haben die Administratoren die Seite eingerichtet und warum nehmen sie den Aufwand auf sich?

Damit Eltern ihre Kinder davor schützen, können sie diese darauf ansprechen und offen fragen, ob sie die Seiten kennen und was sie davon halten. Als mögliche Gesprächspunkte können Eltern fragen, warum Jugendliche dort „beichten“ und welche Risiken das mit sich bringen kann.

Bei jüngeren Kindern, die mit dem Phänomen in Kontakt gekommen sind, empfiehlt es sich grundsätzlicher ins Gespräch zu kommen: Eltern können fragen, wo der Unterschied liege, wenn man ein Geheimnis einem Freund anvertraut oder es im Internet veröffentlicht. Welche anderen Möglichkeiten gäbe es, sich von einem Geheimnis zu erleichtern, das einen bedrückt? Dabei können Eltern auch auf den Service der „Nummer gegen Kummer“ verweisen, bei dem Kinder auch Nachrichten schreiben können.

Wenn Erziehungsberechtigte von „Beichtseiten“ einer bestimmten Schule erfahren, sollten sie diese auch informieren. Wichtig ist dabei, dass sie das auch mit ihrem Kind absprechen, inwieweit es das Vorgehen mitträgt. Wie Eltern sich verhalten können, deren Kind von Mobbing betroffen ist, finden Sie in unserem Extrathema zu Cybermobbing.