Lootboxen: Kinder dürfen nicht ausgenutzt werden

Lootboxen sind für Eltern ein Thema: In einigen Konsolen-Spielen und Spiele-Apps lassen sich Überraschungskisten gegen echtes Geld erstehen – der Inhalt ist dabei ungewiss. Die Angebote wirken oft verlockend, für Kinder ist dieses Gewinnspielprinzip schwer zu durchschauen. Die Boxen können wichtige Ausrüstungsgegenstände enthalten, allerdings gibt es auch viele Nieten mit weitestgehend nutzlosen Extras. Die Praxis soll den Herstellern mehr Geld einbringen.

Eine Schatzkiste, aus der es golden strahlt
David Bartus/Pexels

Lootboxen sind Überraschungskisten, deren Inhalt durch Zufall bestimmt wird. Sie versprechen hilfreiche Gewinne, die für den Spielfortschritt benötigt werden, wie Ausrüstung, Waffen oder Zusatzleben. Die SpielerInnen investieren virtuelle Währung oder echtes Geld in ihren Kauf, ohne vorher zu wissen, ob sie aus dem Inhalt der Box einen Nutzen ziehen können. Teilweise sind die Lootboxen auch so programmiert, dass zu Beginn hilfreiche Gewinne dabei herausspringen und diese mit der Zeit immer seltener werden. So können die einzelnen Mikrotransaktionen im Spielverlauf unbemerkt zu großen Summen anwachsen. Jungen SpielerInnen fällt es dadurch schwer, den Überblick zu behalten. Auch die Umrechnung von echter zu virtueller Währung verschleiert die eigentlichen Ausgaben. Besonders kritisch ist das Prinzip der Lootboxen, wenn ohne diese Investitionen der Spielverlauf behindert wird – denn dadurch wird der Anreiz, Lootboxen zu kaufen, noch gesteigert. 

Lange Zeit waren Lootboxen besonders in kostenlosen Spiele-Apps verbreitet. Teilweise wird Spielgeschehen sogar nur um die Lootboxen und In-Game-Käufe herum entwickelt, wobei die Mikrotransaktionen im Vordergrund stehen. Inzwischen versuchen auch Spielehersteller von Konsolenspielen, nach diesem Prinzip zusätzlich zum Kaufpreis Geld einzunehmen. Im Jahr 2021 war der Gewinn durch Mikrotransaktionen in der Gaming-Branche viermal höher als der Gewinn durch den Erwerb der Spiele selbst. 

Sind Lootboxen Glücksspiel?

Anfang 2018 wurde öffentlich über ein Verbot von Lootboxen diskutiert. KritikerInnen sehen in ihnen eine Form des Glückspiels, das laut Glücksspielgesetz für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nicht zugänglich sein darf. In China beispielsweise sind sie aus diesem Grund bereits verboten. Ob es sich bei den Lootboxen tatsächlich um Glückspiel handelt, ist Auslegungssache – weil es bei den virtuellen Gegenständen, die in den Boxen enthalten sind, im juristischen Sinne nicht immer um einen Gewinn mit echter marktwirtschaftlicher Relevanz handelt. Außerdem ist für die Einstufung entscheidend, ob bei ein nicht unerheblicher Geldeinsatz nötig ist. Auch das wird bei den Mikrotransaktionen in Frage gestellt.

Nichtsdestotrotz werden Lootboxen aus Jugendschutzperspektive kritisiert: Die Befürchtung ist, dass die Hemmschwelle bei Kinder und Jugendlichen gesenkt wird und sie so subtil an Glücksspiele herangeführt werden. Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), verantwortlich für die Einhaltung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags in TV und Internet, bewertet Lootboxen kritisch. Sie sieht die jugendschutzrechtliche Relevanz besonders unter dem Aspekt der unzulässigen Werbung oder direkten Kaufappellen. Die USK prüft zudem, ob ein Spiel eine Jugendfreigabe erhält. Damit die glücksspielähnliche Elemente wie Lootboxen Gegenstand einer Jugendschutzprüfung sind, müsste es sich bei ihnen um einen wesentlichen Bestandteil des Spielinhalts handeln. Das ist in Spiele-Apps und Konsolen-Games nicht immer der Fall: Regelmäßig sind sie eher so gestaltet, dass die GamerInnen erst nach einiger Zeit durch eine Anziehungskraft, die das Spielen selbst entfacht, zum Einsatz vom Geld verleitet werden. Eine Neuregelung des Kinder- und Jugendschutzgesetzes sieht deshalb vor, dass die Prüfprozesse der USK angepasst und für Eltern klar erkennbare Hinweise auf Kontaktrisiken und Kostenfallen in Games eingeführt werden. Ab Januar 2023 wird diese Vorgabe voraussichtlich umgesetzt. 

Ich halte es für denkbar, dass Lootboxen gegen das Verbot von Kaufappellen an Kinder und Jugendliche verstoßen könnten.

Vorsitzender der Jugendschutz-Kommission, Dr. Wolfgang Kreißig

Spiele vorher prüfen

Das Prinzip der Lootboxen zeigt: Es ist wichtig, dass Eltern im Blick haben, was ihr Kind spielt, und mit ihm über seine Medienerfahrungen im Gespräch bleiben. Denn ob in einem Spiel – kostenlos oder nicht – Lootboxen zum Einsatz kommen, ist oft nicht so schnell ersichtlich. Im App Store von Apple muss zwar vor dem Download angegeben werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeiten sind, bestimmte Gegenstände zu erhalten – wie hoch der Reiz ist, Lootboxen einzusetzen, oder wie stark der Spielverlauf ohne den Einsatz erschwert wird, ist für Eltern und Kinder im Vorhinein jedoch nicht ersichtlich. 

Gemeinsamer Einstieg

Damit Kinder nicht in die Kostenfalle tappen und das Prinzip der Lootboxen durchschauen, klären Eltern sie am besten vorab darüber auf. Neue Spiele sollten zu Beginn erst einmal gemeinsam in der Familie gespielt werden, damit Eltern sich selbst ein Bild davon machen. So können sie ihr Kind bei den ersten Spielrunden auf Fallstricke wie Lootboxen aufmerksam machen, die Mechanismen erläutern und sie für Folgekosten sensibilisieren. Meist lassen sich die Käufe für Lootboxen nicht gesondert einschränken, weswegen Aufklärung darüber sehr wichtig ist.

Besonders bei Jüngeren ist es empfehlenswert, dass Eltern In-App-Käufe auf den Geräten, die Kinder nutzen, deaktivieren. So kann vermieden werden, dass ein versehentliches Tippen zu einer Kostenfalle wird. Auch bei Spielen, die auf Konsolen gespielt werden, sind Einstellungen zu Käufen wichtig. Wenn im Spielverlauf der Wunsch geäußert wird, eine Lootbox zu kaufen, erklären Eltern altersgerecht, warum sie nicht für Kinder geeignet sind. Wollen ältere Kinder ihr Taschengeld in Spiele-Apps und Games ausgeben, ist es ratsam, den Kauf zunächst gemeinsam zu tätigen und mit der Zeit ein begrenztes Budget festzulegen – beispielsweise über Bezahlkarten. So lernen junge SpielerInnen, zwischen Wünschen abzuwägen, und verlieren bei Lootboxen nicht den Überblick. 

Altersgerechte Alternativen

Besonders für jüngere Kinder sind Konsolenspiele und Apps mit Features wie Lootboxen nicht geeignet. So werden sie davor geschützt, ein problematisches (Glück-)Spielverhalten zu entwickeln. SCHAU HIN! empfiehlt, für den Einstieg in die Spielewelt altersgerechte Spiele zu wählen. Vor dem Kauf oder Download können Eltern sich ein Bild von dem Spiel machen – zum Beispiel durch pädagogische Einschätzungen vom Spieleratgeber NRWspielbar.de und klick-tipps.net.