Interview: Bist du Vorbild bei der Mediennutzung? "Ja, vielleicht, aber..."

Er ist Vater, Kitaleiter und bloggt über das Elternsein: Wir haben Johnny ein bisschen auf den Zahn gefühlt, wie er die geeigneten Medien mit seiner Tochter aussucht und natürlich auch die – oft unbequeme – Frage nach dem eigenen Medienkonsum gestellt...

Profilbild Johnny's Papablog
Tobias Weber / www.johnnyspapablog.de

SCHAU HIN!: Wie nutzt ihr Medien in der Familie? Habt ihr gemeinsame #medienmomente?

Johnny: Die Idee gemeinsamer Medienmomente ist eigentlich mindestens genauso interessant wie eine verabredete, medienfreie Familienzeit. Leider verfügen wir weder über das eine noch über das andere. Da wir so gut wie kein Fernsehen schauen und meine Tochter fernsehen auch kaum spannend findet, lesen wir stattdessen sehr viel. Ganz spontan eben.

SH: Wie läuft es denn bei euch ab wenn es dann doch mal das gute, alte Fernsehen sein darf?

J: Wenn wir doch mal gemeinsam fernsehen, läuft es darauf hinaus eine Tier-Dokumentation zu streamen, weil es der Tochter nach wilden Katzen dürstet - Oder ich mit ihr eine Kinderserie ausprobieren möchte.

SH: Nutzt du die Medienzeit deiner Tochter als Pause, um auch mal Dinge für dich zu tun?

J: Nein, sie alleine vor dem Fernseher oder auch dem Smartphone parken, das mache ich nicht.

SH: Wie wählt ihr passende Apps, Filme oder ähnliches aus?

J: Die Auswahl der Apps bzw. Spiele sowie auch von Kinderserien erfolgt aus einer sehr diffusen Mischung heraus. Einerseits orientieren wir uns an dem, was wir selbst schon kennen.

SH: Die da wären?

J: Formate wie "Sendung mit der Maus“ oder auch „Wallace und Gromit“ erhalten bei uns Vorschusslorbeeren - die sich dann aber leider nicht immer bewahrheiten. Manchmal sieht man ja als Vater noch einmal ganz anders auf die Dinge, die man selbst aus eigener Kindheit noch kennt. Damit meine ich im Übrigen ganz explizit nicht die genannten Sendungen - und will an dieser Stelle die negativen Erfahrungen bewusst unbenannt lassen.

Manchmal sieht man ja als Vater noch einmal ganz anders auf die Dinge, die man selbst aus eigener Kindheit noch kennt.

SH: Du sagtest einerseits, wie läuft die Auswahl denn andererseits ab?

J: Andererseits probiere ich auch viel mit meiner Tochter aus. So schaue ich mit meinem pädagogischen vorbelasteten Blick immer wieder mal nach neuen Spielen, um meine Tochter auch mal anders zu fordern. So weiß ich mittlerweile, dass sie Wimmelspiele nicht mag, dafür aber einfache Musikspiele. Serien mit Tieren gehen auch immer, wobei es sich nicht um Fantasietiere handeln darf. Was soll ich sagen, meine Tochter ist mit ihren drei Jahren eine sehr penible und genaue Person. Wenn sie nur nicht so dickköpfig wäre...

SH: Hand aufs Herz: Sieht du dich selbst als Vorbild bei der Mediennutzung?

J: Diese Frage muss ich irgendwie doch mit "Ja, vielleicht, aber..." beantworten. Natürlich verfüge ich über mediale Kompetenzen, die meine Tochter mit ihren jungen Jahren noch gar nicht haben kann. In dieser Hinsicht muss ich ja geradezu ihr Vorbild sein, denn von wem sonst soll sie es denn lernen? Bleibt nur zu hoffen, dass ich in den kommenden Jahren nicht an Anschluss an die technische Entwicklung verliere.

Natürlich verfüge ich über mediale Kompetenzen, die meine Tochter mit ihren jungen Jahren noch gar nicht haben kann. In dieser Hinsicht muss ich ja geradezu ihr Vorbild sein, denn von wem sonst soll sie es denn lernen?

SH: Wie sieht die gemeinsame Zeit mit deiner Tochter aus? Schaffst du es das Smartphone zur Seite zu legen?

J: Es gelingt mir mittlerweile ganz gut, meiner Tochter ungeteilte Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Das Handy wegzulegen, wenn sie zurück in den Raum stürmt - oder es einfach erst gar nicht aus der Schublade zu holen. Sie sieht mich sehr viel häufiger ohne Medien in der Hand als mit - und das ist ein gutes Gefühl. Dass ich ohne Kind gern auch mal stundenlang vor dem Touchscreen sitzen kann, nun, das sieht meine Tochter ja zum Glück nicht, wenn sie in der Kita ist.

SH: Du bist Blogger, also auch viel im Internet unterwegs und vor dem Computer. Wie denkst du wirkt das auf deine Tochter?

J: Natürlich kann ich es nicht vermeiden, dass ich dann und wann mal eben doch am Rechner sitze, wenn die Arbeit ruft. Das gefällt mir dann aber nur so mittelmäßig. Ich versuche die Medienerfahrung so oft wie möglich als gemeinsames Erlebnis in Szene zu setzen. Manchmal geht es halt eben nicht. Niemand ist perfekt - zum Glück geht es beim Elternsein nicht ums Perfektsein.

Niemand ist perfekt - zum Glück geht es beim Elternsein nicht ums Perfektsein.

SH: Es geht nicht ums Perfektsein – sehr schön gesagt! Nun bist du ja nicht „nur“ Papa sondern auch Kitaleiter. Nutzt ihr dort auch Medien? Was denkst du zur Mediennutzung in der Kita und bei Kleinkindern?

J: In der Kita leben wir das Modell der altersgemischten Gruppe. Das bedeutet, dass die Kinder zwischen eineinhalb und sechs Jahren gemeinsam von drei Erwachsenen betreut werden. Bis auf die klassischen Bücher, von denen wir tatsächlich viele haben oder eben auch Musik-CDs nutzen wir meines Wissens keine moderne Medien. Das ist zum einen dem Anspruch der meisten Eltern geschuldet, die ihre Kinder in der Kita möglichst medienfrei behütet wissen wollen. Zum anderen hat es aber auch pädagogische Gründe. In einer altersgemischten Gruppe ist der Einsatz moderner Medien schwierig, da die Kinder hier ganz unterschiedliche Voraussetzungen und Kompetenzen mitbringen.

SH: Wie könnte denn ein stärkerer Einbezug von Medien in der Kita aussehen oder ablaufen?

J: Man könnte natürlich darüber nachdenken, die Gruppe zu teilen und dann jeweils angepasst ganz besondere Medien-Events zu veranstalten. Als eine Art angeleitetes Spiel, wenn auch wesentlich gesteuerter und begrenzter. Das ließe sich unter Mithilfe der Eltern mit Sicherheit organisieren. Unsere Kinder wachsen heute ganz anders auf als noch vor 15 Jahren. Man denke nur an Sprachassistenten wie Siri, Cortana oder Alexa, die mittlerweile Einzug in unseren eigenen vier Wände gehalten haben. Von daher werden moderne Medien mittelfristig eben auch in der Kita zu finden sein - als zusätzliches Angebot fände ich das sehr sinnvoll.

SH: Vielen Dank für das schöne Interview!