FOMO: Das Smartphone als ständiger Begleiter

Jeder fünfte Jugendliche lässt sich nachts durch Nachrichten auf dem Smartphone wecken. Die Ursache kann „FOMO“ heißen. „FOMO“ steht für „Fear of Missing Out“, zu Deutsch: die Angst, etwas zu verpassen. SCHAU HIN! widmet sich dem Phänomen und zeigt Eltern, wie man es erkennen kann.

Eine junge Frau hält ein Smartphone und einen Coffee-to-go in den Händen.
Rawpixel/Unsplash

Das Smartphone ist ständiger Begleiter vieler Jugendlicher. Es fällt ihnen schwer ihm zu widerstehen, wenn es piepst und summt. Gefühlt prüfen Jugendliche ständig, ob neue Text- oder Sprachnachrichten eingegangen sind oder ob sie Kommentare und Likes erhalten haben. Dabei handelt es sich um ein typisches Phänomen – nicht nur bei Heranwachsenden. Sein Name: „Fear of missing out“, kurz FOMO, welches die Angst meint, etwas zu verpassen oder nicht mitzubekommen. Es betrifft vornehmlich Jugendliche und junge Erwachsene, da sie vermehrt soziale Medien nutzen.

Verbunden mit FOMO ist das Bemühen, permanent mit anderen digital in Verbindung zu bleiben. Auslöser können die Aktivitäten von Freunden sein, bei denen man selbst nicht dabei ist. Auch zu viele Wahlmöglichkeiten können einem schnell das Gefühl geben, trotz des Besuchs einer Party, eines Fußballspiels im Park oder einem Ausflug mit Freunden etwas verpasst zu haben, das andernorts passiert. Dank Instagram, Snapchat und Co. ist es permanent möglich, einen Blick in das Leben anderer Menschen zu werfen.

Wie erkenne ich FOMO bei meinem Kind?

Wenn Ihr Kind Langeweile vor allem durch Medien vertreibt, ständig unruhig und unkonzentriert wirkt, so dass andere Beschäftigungen vernachlässigt werden, kann dies ein Anzeichen für FOMO sein. Meist ist die gesteigerte Begeisterung für soziale Medien und Messenger nur von kurzer Dauer. Nur in seltenen Fällen ist die Mediennutzung als bedenklich einzustufen. Bei so einer Einschätzung ist neben der Häufigkeit der Nutzung auch die Motivation dahinter entscheidend. Geht es darum, im Kontakt mit Freunden zu bleiben und aktuelle Ereignisse mitzubekommen oder um das Vertreiben von Langeweile? Ein entscheidender Hinweis darauf, dass die Mediennutzung überhandnimmt, sind die Vernachlässigung von Schulpflichten, der Rückzug aus Aktivitäten oder Freundschaften sowie starke Launenhaftigkeit oder Gereiztheit.

Dieses Verhalten deutet auf FOMO hin

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Angst, etwas Spannendes zu verpassen, und die Sorge, bei Freunden nicht mehr die erste Wahl zu sein, alle früher oder später einmal erleben. FOMO ist zwar keine psychische Erkrankung. Dennoch kann es für die jungen Betroffenen belastende Ausmaße annehmen. Da FOMO eng mit der Nutzung sozialer Medien gekoppelt ist, sind bedenkliche Entwicklungen relativ einfach auszumachen.

Ihr Kind könnte Fear of Missing Out haben, wenn es

  • häufig seine Social-Media-Feeds und Messenger-Nachrichten prüft
  • sich nur schwer auf Anderes konzentrieren kann
  • bereits während vieler Aktivitäten darüber nachdenkt und redet, welche Aufnahme es später online teilt
  • nervös oder unruhig wird, wenn es für eine Weile ohne sein Smartphone ist
  • niedergeschlagen ist, wenn es online entdeckt, dass Freunde etwas unternehmen
  • auch während des Essens permanent online ist 
  • auch nachts Nachrichten und Postings checkt

FOMO in der Nacht

Manche lässt das Handy auch in der Nacht nicht los. Wie die Studie der Universität Landau-Koblenz ergab, beschäftigen sich drei von vier Jugendlichen noch in den letzten zehn Minuten vor dem Zubettgehen mit ihrem digitalen Begleiter. Bei 60 Prozent liegt das Gerät auf dem Nachttisch, bei 23 Prozent direkt im Bett. Nur zwei Prozent ließen das Smartphone außerhalb des Schlafzimmers. Man könnte Nachrichten und Bilder über WhatsApp, Snapchat, Instagram und Facebook oder neue Aktionen im Online-Spiel ja verpassen. Aus einer britischen Studie der Waliser Cardiff-Universität geht hervor, dass eine/r von fünf Heranwachsenden sich fast jede Nacht von seinem Smartphone wecken lässt. Jede/r Dritte loggt sich mindestens einmal pro Woche zu später Stunde ein – Mädchen sind aktiver als Jungen. Die ForscherInnen fanden heraus, dass Jugendliche, die auch nachts am Handy aktiv sind, tagsüber bis zu dreimal müder sind als ihre KlassenkameradInnen. Das Schlafdefizit wirkt sich wiederum auf das allgemeine Wohlbefinden aus. Das Gefühl ständig erreichbar sein zu müssen, spielt auch in Gruppenchats eine nicht zu unterschätzende Rolle.

FOMO in Gruppenchats

Bei der Nutzung von Messengerdiensten in der Gruppe, vor allem beim „Klassenchat“, entstehen zusätzliche Herausforderungen. Ihr Kind möchte natürlich wissen, was in der Gruppe passiert und besprochen wird. Kinder, die nicht dabei sein dürfen, bekommen schnell das Gefühl, außen vor zu sein. Für diejenigen, die dabei sind, bedeuten Klassenchats hingegen eine Vielzahl an Nachrichten – spät abends, nachts oder früh am Morgen.

Was Eltern bei FOMO tun können

Die Frage ist, wie das Smartphone und Messenger bewusster genutzt werden können. Jugendliche sagen oft selbst, dass sie sich gestresst fühlen oder genervt sind, wenn Freunde oder Eltern ständig auf ihr Smartphone schauen. Daher kann es dienlich sein, als Vorbild für einen bewussten Umgang mit digitalen Medien voranzugehen. Dazu gehört es, in der Familie offen darüber zu sprechen, warum Erwachsene und Kinder bei Smartphone-Benachrichtigungen schnell reagieren und nichts verpassen wollen. Ist es die Aufregung und das sich einstellende Glücksgefühl beim Blick auf das Smartphone? Überlegen Sie als Familie, was man tun kann, um Stress abzubauen und Freiräume zu schaffen.

Vereinbaren Sie feste Zeiten

Legen Sie einen Zeitraum fest, in dem das Smartphone einfach mal weggepackt oder der Flugmodus eingestellt wird – beim Essen, dem Filmabend oder zur Schlafenszeit. Unterstützen und motivieren Sie Ihr Kind dazu, das Thema auch mit Freundinnen und Freunden oder in der Schulklasse zu besprechen. Auch Sie selbst können das Thema ansprechen. Nutzen Sie Elternabende zum Austausch mit anderen Eltern oder suchen Sie separat das Gespräch mit Eltern von Schulfreunden. So können Sie gemeinsame Regeln formulieren und Zeiten festlegen, die beispielsweise für die Nutzung von Klassenchats gelten.

Gerade das Festsetzen von Zeiten zur Mediennutzung kann sehr sinnvoll sein, um den Konsum zu regulieren. Dabei helfen Klassiker wie eine Eieruhr neben dem Bildschirm oder die Aktivierung von Zeitschaltuhren. Das Ausschalten von Benachrichtigungen für Messenger und Social Media kann darüber hinaus hilfreich sein, um Ablenkungen von vornherein zu minimieren. Unterstützen Sie Ihr Kind seinem Alter entsprechend dabei, sich die Medienzeit selbst und vernünftig einzuteilen. Dabei hilft es, Regeln verbindlich zu vereinbaren und festzuhalten, etwa in einem Mediennutzungsvertrag.   

Medienzeit-Limits für jedes Kindesalter

  • bis 5 Jahre: bis eine halbe Stunde am Tag
  • 6-9 Jahre: bis zu einer Stunde am Tag
  • ab 10 Jahre: rd. 9 Stunden pro Woche

Als eine andere Orientierung gilt ein Limit der Medienzeit von zehn Minuten pro Lebensjahr am Tag oder eine Stunde pro Lebensjahr in der Woche. Für Kinder ab zehn Jahren bietet sich das Wochenkontingent an, das sich Kinder zunehmend selbstständig einteilen können.

Bieten Sie Abwechslung an

Damit Kinder und Jugendliche aus Langeweile nicht reflexhaft zum Smartphone greifen, benötigen sie unterschiedliche Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Egal ob es sich um Fußballspielen, Drachensteigen oder das Lesen eines Buches handelt, Kinder müssen an Dinge herangeführt werden, um den Spaß daran zu entdecken.

Holen Sie sich Unterstützung

Haben Sie bei Ihrem Kind bereits den Verdacht, dass ihr Kind von FOMO betroffen ist, können Sie Beratung suchen. Anlaufstellen in Ihrer Nähe finden Sie beispielsweise über die Beratungsstellensuche der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke), die Suchtberatungsstellensuche der Caritas oder Ihren Kinderarzt.