Tellonym – die Geständnis-Plattform

Über das Messaging-Netzwerk „Tellonym“ können NutzerInnen anonyme Nachrichten senden und empfangen. Die Entwickler der App werben dafür, nun endlich die ehrlichen Meinungen von Freunden und Freundinnen erfahren zu können und sich ihnen somit näher als zuvor zu fühlen. Das macht die Plattform auch bei Kindern und Jugendlichen sehr beliebt, obwohl die Form der anonymen Kommunikation Risiken wie Mobbing und Belästigungen birgt. SCHAU HIN! fasst für Eltern zusammen, wie Tellonym funktioniert und welche Sicherheitseinstellungen möglich sind.

Zwei Mädchen stehen hinter einem Mädchen mit Smartphone und lachen es aus.
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Mit über einer Million aktiven NutzerInnen allein in Deutschland ist das Messaging-Netzwerk „Tellonym“ sehr beliebt. Der Name der App leitet sich aus den Wörtern „tell“ (engl.: „to tell“ – „sagen“) und „anonym“ ab. NutzerInnen der Plattform können demnach anonym Nachrichten („Tells“) versenden und empfangen. Obwohl sich Jugendliche erst ab einem Mindestalter von 17 Jahren selbstständig einen Tellonym-Account anlegen dürfen, wird die App schon von Kindern ab 13 Jahren genutzt. Dies ist laut Nutzungsbedingungen mit der ausdrücklichen Zustimmung der Eltern möglich. NutzerInnen, die sich einen Tellonym-Account anlegen, erhalten einen individuellen Link für ihr Profil. Teilen sie den Link mit Freunden, Freundinnen und Bekannten, können diese anonyme Nachrichten („Tells“) an das Profil versenden. Die „Tells“ sind zunächst nur für die/den InhaberIn des Profils selbst sichtbar. Erst nachdem die NutzerInnen auf eine anonyme Nachricht geantwortet haben, wird sie auf deren Profil öffentlich einsehbar.

Nachrichten auf Tellonym – Nur harmlose „Tells“?

Die Betreiber von Tellonym versuchen ihre App von anderen sozialen Netzwerken, wie Instagram und Snapchat, abzuheben, indem sie dafür werben, dass Aussehen und Likes dort keine Rolle spielen, sondern einzig und allein, was NutzerInnen denken und wie sie kommunizieren. Doch wie kommunizieren NutzerInnen, wenn sie anonym sind und ihnen lediglich eine IP-Adresse zugeordnet werden kann? Auch wenn Aussehen auf der Plattform nicht zählen soll, nutzen viele Kinder und Jugendliche den Link, um ihn in ihrem Instagram-Profil zwischen Selfies und Ganzkörper-Bildern zu teilen. Dabei können jedoch nicht nur die erwünschten Komplimente, sondern auch Beleidigungen und sexuelle Belästigungen in den virtuellen Briefkasten eingehen. Diese Nachrichten können bei Tellonym alle schreiben, egal ob mit einem Tellonym-Account angemeldet, oder nicht.

Sicherheitseinstellungen: Wie schütze ich mein Kind vor übergriffigen „Tells“?

Tellonym wirbt damit, dass NutzerInnen der App völlige Kontrolle über ihr eigenes Profil hätten, da nur die „Tells“ veröffentlicht werden, auf die sie auch antworten. Laut jugendschutz.net stellt jedoch die Anonymität, hinter welcher sich die VerfasserInnen der „Tells“ verstecken können, ein hohes Risiko für Cybermobbing dar. Demnach haben Kinder und Jugendliche zwar Kontrolle darüber, was auf ihrem Profil einsehbar ist, nicht jedoch darüber, welche Nachrichten bei ihnen eingehen. Auf Ihrer Seite erklären die Tellonym-Entwickler deshalb, wie Eltern ihre Kinder mittels einer „Vielzahl von Kontrollfunktionen“ schützen können. Darunter ein graduell anpassbarer Sprachfilter sowie ein benutzerdefinierter Wortfilter, mit welchem spezifische Wörter blockiert werden können. Auch besteht die Möglichkeit nur „Tells“ von registrierten NutzerInnen zuzulassen. Doch obwohl dies die Rückverfolgung der Nachricht zu den AbsenderInnen erheblich erhöht, rät der Betreiber der Plattform von der Funktion ausdrücklich ab, da sie die Nutzungserfahrung der App erheblich einschränken würde und von Jugendlichen durch die Erstellung eines neuen Accounts häufig umgangen wird.

All diese Sicherheitseinstellungen können von den Eltern durch einen Code geschützt werden, um zu verhindern, dass die Kinder und Jugendlichen die Einstellungen wieder zurücksetzen. Diese Funktion bietet Eltern die Gewissheit, dass sie selbst über die Sicherheit im Umgang mit der App bestimmen können. Eltern und Kinder können darüber hinaus Nachrichten melden, welche sie als unangebracht empfinden. Tellonym setzt hierbei jedoch erneut auf einen lernenden Algorithmus in Form eines Sprachfilters, statt auf die explizite Rückverfolgung der Nachrichten. Sehen sich Eltern und Kinder bei der Nutzung der App mit unerwünschten Nachrichten konfrontiert, bleibt ihnen demnach nur auf die Lernfähigkeit des Algorithmus zu hoffen, oder den benutzerdefinierten Wortfilter selbst zu erweitern.

Cybermobbing thematisieren

Eltern, die ihren Kindern die Nutzung von Tellonym erlauben, sollten den Account gemeinsam mit ihrem Kind erstellen, um die Privatsphäre-Einstellungen zu überprüfen und anzupassen. Am besten sprechen Eltern offen darüber, dass die App Risiken wie Cybermobbing und Cybergrooming bereithalten kann, und bieten sich ihren Kindern als Ansprechperson an. Ebenso wichtig, wie der Schutz des Kindes davor, Opfer von Cybermobbing zu sein, ist es auch, es davor zu schützen, zum/zur TäterIn zu werden. Eltern sollten daher mit ihren Kindern darüber sprechen, was Cybermobbing bei den Betroffenen auslösen kann, und ihnen ihre Verantwortung für ihre Nachrichten bewusst machen.