Krieg in Nahost: Jugendschutzrisiken auf Social Media
– NewsSeit Oktober 2023 ist der Israel-Palästina-Konflikt in den Medien allgegenwärtig und wird kontrovers diskutiert. Auf der Suche nach Antworten, aber auch ungewollt beim Scrollen auf Social Media werden Kinder und Jugendliche schnell mit verstörenden Inhalten konfrontiert. Das zeigt ein Bericht von jugendschutz.net aus dem Juni 2024. SCHAU HIN! hat die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.
Sowohl gesellschaftlich als auch politisch ist der Krieg im Nahen Osten seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 ein großes Thema. Das spiegelt sich auch in den Sozialen Medien wider. In einem neuen Bericht beschreibt jugenschutz.net, welche Jugendschutzrisiken daraus für junge NutzerInnen entstehen und wie die Dienste auf diese reagieren.
Zunehmende Polarisierung in sozialen Medien
Die Debatte wird auch als Vorwand zur Verbreitung von Demokratie- und Menschenfeindlichkeit genutzt. Die Grenzen zwischen einer differenzierten Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung und antisemitischen Vorurteilen sind in der stark polarisierten Situation oft verschwommen. Positionierungen gegen den Hamas-Terror und Anti-Israel-Proteste werden für muslim- und araberInnenfeindliche Aussagen genutzt. Im Bericht von jugendschutz.net heißt es: „Wo öffentliche Meinungsäußerungen die Grenzen des Jugendmedienschutzes überschreiten, können Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung beeinträchtigt oder gar gefährdet werden.“ Folgende Jugendschutzrisiken hat jugendschutz.net in Social-Media-Beiträgen mit Bezug zum Krieg in Nahost identifiziert:
- Feindbild Israel
In Sozialen Netzwerken wird bereits seit Beginn der aktuellen Debatte der Angriff der Hamas auf Israel verharmlost. Die aktuellen Kriegshandlungen werden als einseitige Konfrontation zwischen Israel und dem palästinensischen Volk dargestellt, die Rolle der Hamas als Aggressor wird hingegen nicht thematisiert. Israel wird als „Unrechtsregime“ oder „koloniales Siedlungsprojekt“ angefeindet. In verschiedenen Posts wird Israels Regierung mit dem NS-Staat und die Militäraktionen mit dem Holocaust gleichgesetzt. Dabei kommen auch verbotene Symbole wie das Hakenkreuz und die im Kontext der Hamas verbotene Parole „From the River to the Sea (Palestine will be free)“ zum Einsatz. - Antisemitismus
Neben antiisraelischen Inhalten sind auf Instagram, TikTok und X, aber vor allem auf Telegram auch klar antisemitische Äußerungen und Bilder im Umlauf. Dabei wird der Konflikt genutzt, um verschiedene antisemitische Verschwörungserzählungen zu verbreiten. Zum Beispiel wird der Krieg in den Verschwörungsmythos der geheimen „jüdischen Weltverschwörung“ eingeordnet. - Muslimfeindlicher Hass
Unter dem Deckmantel der Israelsolidarität und der Ablehnung des Hamas-Terrors werden aber auch muslimfeindliche Beiträge auf den Social-Media-Plattformen verbreitet. In diesen werden die PalästinenserInnen als minderwertig, aggressiv, skrupellos, barbarisch oder bösartig dargestellt. Proteste gegen Israel in Deutschland werden dafür genutzt, MuslimInnen und AraberInnen pauschal Antisemitismus zu unterstellen und sie als nichtintegrierbar oder als Gefahr darzustellen. - Glorifizierung der Hamas
In vereinzelten Kommentaren und Inhalten auf Social Media wird der Terrorangriff der Hamas auf das Musikfestival heroisiert und es findet eine Solidarisierung mit der Hamas statt. Die Gewalt wird dabei verharmlost oder sogar gerechtfertigt.
Verstörende Gewaltdarstellungen
Auf Social Media können Kinder und Jugendliche auch auf die bildliche Darstellung der Gewalt in Nahost stoßen. Viele Bilder und Videos sind dabei unverpixelt. Oft sind darauf auch junge Opfer zu sehen, die durch den Konflikt traumatisiert, verletzt oder getötet wurden. Da sich Kinder und Jugendliche mit diesen identifizieren können, sind die Darstellungen für sie besonders verstörend. Zwar ist der Einsatz solcher Bilder nicht neu, ihre schiere Anzahl und ungehemmte Weiterverbreitung ist jedoch in diesem aktuellen Zusammenhang extrem. Die Inhalte werden nicht nur für politische Zwecke missbraucht, auch die jungen NutzerInnen selbst verbreiten diese als Mutproben oder zum Schocken von KlassenkameradInnen.
So gehen die Plattformen gegen Jugendschutzverstöße vor
Die Social-Media-Plattformen reagierten schnell auf die Zunahme von Gewaltdarstellungen nach dem Terrorangriff im Oktober 2023. Instagram und TikTok löschten Beiträge oder schalteten Warnhinweise vor Gewaltdarstellungen, die Auswahl der zu kennzeichnenden Beiträge war jedoch teilweise nicht nachvollziehbar und wenig schlüssig. Mittlerweile werden aber sowohl explizite Gewaltdarstellungen als auch antisemitische oder israelfeindliche Bilder und Aussagen zu einem Großteil und ziemlich schnell von den Anbietern gelöscht.
So können Eltern ihre Kinder unterstützen
Auch wenn die Social-Media-Plattformen viele Inhalte einschränken oder löschen, werden Kinder und Jugendliche auch weiterhin mit Inhalten konfrontiert, die sie belasten können. Denn das Thema bleibt sowohl in den Sozialen Netzwerken als auch in der Medienberichterstattung präsent. Es ist wichtig, dass Eltern und Erziehende die Kinder bei der Medienrezeption nicht allein lassen. Sie können die jungen NutzerInnen dabei unterstützen, die irritierenden, beängstigenden oder verstörenden Inhalte einzuordnen und ihnen bei Fragen oder Anzeichen von Belastung zur Seite stehen. Eltern können ihren Kindern auch zeigen, wie sie problematische Inhalte eigenständig den Diensten melden, damit sie sich diesen nicht hilflos ausgeliefert fühlen.