Dark Patterns – Manipulation in Spiele-Apps

Wer Spiele-Apps nutzt, kennt solche Mechanismen: Ein Glücksrad für Gewinne, Werbespots ansehen, um Wartezeiten zu verkürzen, oder eine Rabattaktion für Spielwährung. Viele dieser „Dark Patterns” wirken oft erst einmal harmlos. Ihr Ziel ist jedoch, SpielerInnen so zu manipulieren, dass sie Entscheidungen im Sinne der App-Anbieter treffen. Heranwachsende sind davon besonders betroffen und dadurch einigen Risiken ausgesetzt. Was Eltern über „Dark Patterns” wissen müssen, wenn ihre Kinder gerne zocken, hat SCHAU HIN! hier zusammengefasst.

Ein Schwarzer Mann und sein Kind sitzen auf einer Couch und schauen auf ein Smartphone, das das Kind in den Händen hält
August de Richelieu/ Pexels

Was sind „Dark Patterns“?

Dark Patterns (deutsch: „dunkle Muster“) sind manipulative Mechanismen auf Webseiten oder in Apps. Sie sollen NutzerInnen dazu bringen, etwas zu tun, das im Interesse des Anbieters ist. Je nach Webseite oder App kann das etwas anderes bedeuten: mehr einzukaufen, als man eigentlich wollte, länger zu spielen, als geplant, oder auch einfach dem Einsatz von Cookies auf Webseiten zuzustimmen. Damit die NutzerInnen nicht gleich merken, dass sie zu solchen Entscheidungen gedrängt werden, sind die Manipulationen häufig gut versteckt. Dark Patterns sind direkt in das Design der Webseite oder App eingebunden und lenken NutzerInnen auf verschiedene Weisen zur gewünschten Handlung, zum Beispiel durch die Farbgebung von Buttons, zeitlich abgestimmte Pop-up-Fenster, Countdowns oder eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten.

Ein Beispiel, das jeder kennt: Bei Cookie-Bannern auf Webseiten, die eine Einwilligung zur Nutzung bestimmter Daten abfragen, ist der Button für die Zustimmung meist farblich hervorgehoben. Andere Optionen zur Auswahl oder Ablehnung der Datennutzung sind zurückhaltender gestaltet. In Spiele-Apps sind Dark Patterns stark mit der Spielmechanik verknüpft. Ein häufiges Beispiel sind Apps, die durch Push-Nachrichten regelmäßig zum Weiterspielen auffordern, da den SpielerInnen sonst Vorteile verloren gehen.

Wo stoßen Kinder auf Dark Patterns?

Wenn Kinder im Internet unterwegs sind, können sie auf Webseiten mit Dark Patterns stoßen. Häufiger ist es jedoch der Fall, dass sie in Spielen mit den Mechanismen konfrontiert werden. Besonders in Spiele-Apps sind Dark Patterns zu finden – vor allem, wenn die Apps zunächst kostenlos genutzt werden können („Free2Play“). Dark Patterns sind dann Teil des Finanzierungsmodells der Anbieter, die NutzerInnen dazu bewegen sollen, über In-App-Käufe Geld für die Spiele-App auszugeben.

Welche Arten von Dark Patterns gibt es in Spiele-Apps?

Spieldesigns mit Dark Patterns können eine große Jugendschutzproblematik bergen. Das medienpädagogische Kompetenzzentrum jugendschutz.net hat daher einen Report zu Dark Patterns in Spiele-Apps erstellt. Dort werden vier Faktoren definiert, auf die Dark Patterns einwirken: Zeit, Geld, soziale Interaktion und Psychologie.

  • „Time Patterns": Faktor Zeit
    Diese Spieldesigns sollen die SpielerInnen entweder möglichst lange Zeit im Spiel halten oder immer wieder dorthin zurückholen. Meist wächst erst mit einer längerfristigen Nutzung und größerem Spielfortschritt die Bereitschaft der NutzerInnen, In-App-Käufe zu tätigen – und die Mikrotransaktionen sind eine wichtige Einnahmequelle für die Anbieter. Um die Nutzungszeit der Spiele-App zu erhöhen, setzen die Anbieter Push-Nachrichten ein, die immer wieder auf das Spiel hinweisen, zum Beispiel bei aufgefüllten Ressourcen, anstehenden Events und abgeschlossenen Aktivitäten oder verfügbaren Belohnungen. Wer seltener spielt, hat Nachteile gegenüber denjenigen, die häufig in der App anzutreffen sind. SpielerInnen werden so dazu gebracht, die Spiele-App in ihre täglichen Routinen einzubinden und immer wieder Zeit darin zu verbringen.
  • „Money Patterns“: Faktor Geld
    Mechanismen in diesem Bereich sollen SpielerInnen dazu bringen Geld auszugeben. Da viele Spiele-Apps zunächst kostenlos heruntergeladen und gespielt werden können („Free2Play“), finanzieren sich die Anbieter über In-App-Käufe und Werbung. Oft können mit In-App-Käufe verschiedene Spielwährungen erworben werden, die dann im Spiel für Vorteile eingesetzt werden können, also schnellere Fortschritte oder bessere Ausstattungen. Der Wert der Spielwährung ist nicht immer klar ersichtlich und häufige Rabattaktionen erschweren es außerdem, ein Gefühl dafür zu bekommen. Beim Einsatz von Lootboxen (sog. „Überraschungskisten”) ist nicht transparent, welche Vorteile mit der Spielwährung oder echtem Geld erworben werden. Je weiter die SpielerInnen in die Welt der App eintauchen, desto schwieriger wird es meistens, ohne In-App-Käufe voranzukommen, weil beispielsweise lange Wartezeiten in das Spieldesign integriert werden. Um Geld von Werbepartnern zu erhalten, müssen NutzerInnen häufig Werbespots ansehen, um weiterspielen zu dürfen, oder können freiwillig durch das Abspielen der Werbung Spielvorteile erhalten.
  • „Social Patterns“: Faktor soziale Interaktion
    Soziale Faktoren im Spiel werden dazu eingesetzt, die SpielerInnen stärker an die App zu binden. Durch gesteigerte Konkurrenzsituationen oder ein hohes Gemeinschaftsgefühl entsteht sozialer Druck, mehr Zeit und Geld in das Spiel zu investieren. Dazu zählen Erfolgsmeldungen anderer SpielerInnen, gemeinsame Team-Events mit besonderen Belohnungen und die Verknüpfung des Spiel mit Sozialen Netzwerken.
  • „Psychological Patterns“: Faktor Psychologie
    Um NutzerInnen zum Weiterspielen zu motivieren, sind Erfolge und Misserfolge in Spiele-Apps oft genau geplant. Die damit verbundenen Emotionen der SpielerInnen werden genutzt, um sie an das Spiel zu binden. Gibt es zu viele Erfolge oder ist das Spiel zu einfach, wird es langweilig und übt keinen langfristigen Reiz aus. Ständiges Scheitern und zu viel Frust durch Misserfolge führen jedoch auch zu einem schnelleren Ausstieg. Die richtige Mischung bietet genügend Motivation, um dabei zu bleiben, aber gleichzeitig auch Herausforderung und den Antrieb, sich zu verbessern – oder auch Geld für einen Spielfortschritt zu investieren.

Was können Eltern tun, um ihre Kinder dagegen zu stärken?

Eltern mit jüngeren Kindern vermeiden Anwendungen mit solchen Strukturen am besten. Ihre Kinder können Dark Patterns noch nicht durchschauen. Das Risiko ist bei solchen Spiele-Apps zu groß, dass sie ungewollt In-App-Käufe tätigen, auf ungeeignete Inhalte in Werbung stoßen oder durch Verlinkungen auf externe Seiten wie Soziale Netzwerke gelangen. Dark Patterns üben auf jüngere SpielerInnen noch zu viel Druck aus, wenn sie ständig über Push-Nachrichten an das Spiel erinnern, über Countdowns Zeitbeschränkungen schaffen oder Konkurrenzsituationen inszenieren. Wenn Eltern Spiele-Apps auswählen, die ohne In-App-Käufe und Werbung auskommen, schaffen sie für ihr Kind eine altersgerechte Spielumgebung. Oft lohnt es sich, einen verhältnismäßig kleinen Betrag für die App zu bezahlen, damit für das Finanzierungsmodell des Anbieters keine Dark Patterns benötigt werden. Pädagogisch geprüfte Angebote finden Eltern beispielsweise in der App-Datenbank des DJI, beim Spieleratgeber NRW und bei spielbar.

Auch wenn Kinder immer älter und erfahrener im Umgang mit Medien werden, ist es weiterhin sinnvoll, Spiele-Apps gemeinsam bewusst auszuwählen. Wenn es eine App mit In-App-Käufen und Werbung sein soll, zum Beispiel weil sie in der Schule oder bei FreundInnen grade sehr beliebt ist, sollten Dark Patterns und mögliche Risiken vorher besprochen werden. Nur wenn Kinder wissen, dass es diese Manipulationsmechanismen gibt und wie sie diese erkennen, können sie sich bewusst für oder gegen die Angebote in der Spiele-App entscheiden. Technische Jugendschutzmaßnahmen können besonders zu Beginn dabei helfen, Dark Patterns zu widerstehen. In-App-Käufe lassen sich auf Smartphones meist in den Geräte- oder Appstore-Einstellungen deaktivieren oder mit einer PIN sichern. Das sorgt für mehr Kostenkontrolle. Feste Bildschirmzeiten für die Nutzung der App können je nach Modell auf dem Gerät direkt oder über eine Jugendschutz-App eingerichtet werden. Langfristig sind jedoch Absprachen zur bewussten Nutzung von Spiele-Apps am nachhaltigsten. Für mehr Verbindlichkeit können die Nutzungsregeln schriftlich festgehalten werden, zum Beispiel in einem Mediennutzungsvertrag.