Sexting: Vorsicht bei Nacktbildern!

Viele Heranwachsende stellen sich selbst dar und teilen diese Bilder. Manche erstellen – etwa im Rahmen intimer Beziehungen oder aus Neugier – auch erotische oder pornografische „Selfies“ oder kurze Videos und versenden sie über Messenger oder Nachrichten in Sozialen Netzwerken. Dieses „Sexting“ genannte Phänomen kann leicht zu Cybermobbing oder dem Erpressen weiterer Aufnahmen führen und unangenehme Folgen für alle Beteiligten haben.

Ein Maedchen liegt auf ihrem Bett
Kinga Cichewitz/Unsplash

„Sexting“ (Mischform aus „sex“ und „texting“, englisch für das Schreiben von Kurznachrichten) bezeichnet allgemein das einvernehmliche Versenden von sexuellen Inhalten an andere Personen, meist handelt es sich dabei um sexuelle Aufnahmen oder Nacktbilder des eigenen Körpers. In der Regel geht es beim Sexting um den privaten Foto-Austausch innerhalb einer Beziehung oder beim Flirten.

Welche Beweggründe gibt es für Sexting?

Sexting entsteht meist aus Neugier oder auch sozialem Druck: Viele Jugendliche setzen sich mit ihrer Sexualität auseinander – dazu gehört die Frage, ob man für andere interessant und begehrenswert ist. Was begehrenswert ist, definieren sie für sich, orientieren sich dabei aber auch oft an Vorbildern. Diese finden sie im persönlichen Umfeld, aber auch in den Medien, etwa bei freizügigen Pop- und Film-Stars, begehrenswerten InfluencerInnen in Sozialen Netzwerken sowie durch pornografisches Material im Internet.

Vor allem männliche Jugendliche drängen auf Sexting

Sowohl Sarah E. Thomas  von der Northwestern University Annenberg Hall als auch Lauren A. Weed von der University of California weisen darauf hin, dass männliche Jugendliche junge Frauen viermal öfter unter Druck setzen, als dies umgekehrt der Fall ist. Dies stellt sich besonders problematisch dar, da Mädchen in der Pubertät stärker auf Beziehungen und romantische Ideale fokussiert sind. Sie stehen vor einem Dilemma: Entweder sie geben dem Druck nach und versenden die Aufnahmen oder sie riskieren das Ende der Beziehung. Oft lassen sie sich von ihren Emotionen leiten und Versenden die anzüglichen Aufnahmen, um die Beziehung zu erhalten.

Welche Risiken hat Sexting?

  • Cybermobbing
    Den VersenderInnen ist oft nicht bewusst, dass Sexting leicht zu Cybermobbing führen kann, wenn die Bilder weiterverbreitet werden. Das hat psychische, soziale und mitunter auch rechtliche Folgen für alle Beteiligten. Was als Liebesbeweis zwischen PartnerInnen oder aus Neugier geschieht, kann als belästigend empfunden oder etwa aus Rache nach einer gescheiterten Beziehung auch leicht für Cybermobbing genutzt werden, um die abgebildete Person zu diffamieren, indem die Aufnahmen weitergeleitet oder online verbreitet werden.
  • Sextortion
    Der Begriff „Sextortion“ beschreibt die sexualisierte Ausbeutung von Menschen mittels Nacktbildern oder anderem pornografischem Material. Durch Erpressung wird Geld gefordert und mit der Veröffentlichung oder Verbreitung des expliziten Materials gedroht. Im Falle von minderjährigen Opfern werden auch vermehrt weitere, explizitere Bilder gefordert, um sie als sog. „kinderpornografisches Material“ zu nutzen oder zu verbreiten. In so einem Fall von Cybergrooming können die Aufnahmen schnell über einschlägige Websites oder Chatgruppen an andere TäterInnen gelangen, die diese Bilder sammeln und ebenfalls online teilen.
  • Diebstahl oder Hacken
    Auch der Diebstahl diffamierender Fotos etwa durch HackerInnen oder der Verlust des Handys ohne Sperre kann zum Problem werden, wenn diese veröffentlicht werden

Screenshot

Ein „Screenshot“ bezeichnet die Aufnahme des Bildschirms eines Computers, Smartphones oder Tablets. Damit kann festgehalten werden, was zum Zeitpunkt der Aufnahme auf dem Bildschirm zu sehen ist.

Jugendliche versenden explizites Material auch über solche Apps, in denen sich Fotos und Videos vermeintlich von selbst löschen. Diese Funktion bedienen etwa Snapchat oder Instagram (Direct Messages). EmpfängerInnen der Bilder können durch Screenshots das Bild speichern und die Aufnahme so verbreiten. Snapchat informiert die SenderInnen lediglich über die Aufnahme eines Screenshots.

Wie steht es um den rechtlichen Hintergrund?

Aus dem zuerst einvernehmlichen Tausch expliziter Aufnahmen kann sich schnell Cybermobbing entwickeln. Aus rechtlicher Sicht ist Sexting problematisch: Der Versand und auch der Besitz pornografischer Aufnahmen können strafrechtlich verfolgt werden, gerade wenn es sich um Nacktbilder von Minderjährigen handelt, die dann als Missbrauchsdarstellungen behandelt werden könnten.

Laut §184b StGB sind strafrechtliche Folgen zu erwarten, wenn beim Sexting Darstellungen von Kindern unter 14 Jahren hergestellt, versandt und aufbewahrt werden. Das betrifft nicht nur Aufnahmen, auf denen andere Personen abgebildet sind, sondern auch Aufnahmen des eigenen Körpers. 

Die nicht einvernehmliche Verbreitung der Aufnahmen ist in jedem Fall strafbar

Zu Missbrauchsdarstellungen von Kindern zählen dabei Aufnahmen von sexuellen Handlungen, die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes unter 14 Jahre in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung sowie sexuell aufreizende Wiedergaben unbekleideter Genitalien oder des Gesäßes. Solche sexuellen Darstellungen von Kindern unter 14 Jahren sind also ausnahmslos verboten. Das gilt sowohl für das Versenden, als auch für den Besitz der Aufnahme. 

Das Gleiche gilt in der Regel für Jugendliche von 14 bis 18 Jahren, wenn die Darstellungen sexuelle Handlungen oder die betreffende Person ganz oder teilweise unbekleidet in einer unnatürlich geschlechtsbetonten Körperhaltung wiedergeben. Bei sog. jugendpornografischen Darstellungen lässt §184c StGB nur im Falle des Besitzes eine Straffreiheit zu, wenn das Material mit Einwilligung der dargestellten Personen ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erstellt wurde, beispielsweise in einer Beziehung: Besitz von jugendpornografische Darstellungen ist in solchen Fällen zwar nicht erlaubt, wird bei gegenseitigem Einvernehmen aber rechtlich milde betrachtet und muss keine Folgen nach sich ziehen. Die Einwilligung kann aber, etwa nach Beziehungsende, widerrufen werden. Zudem gilt die Straffreiheit nicht für die Weiterverbreitung.

Darüber hinaus gilt im Falle des Cybermobbings: Fehlt bei verschickten Bildern jeweils die Einwilligung der abgebildeten Person, bedeutet dies eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts bzw. wäre als Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs sogar strafbar nach § 201a StGB, wenn die Aufnahmen in privaten bzw. intimen Räumlichkeiten wie in der Wohnung oder beim Duschen erstellt wurden. Auch die Straftaten Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung können beim Verfremden und Verbreiten von Bildern im Rahmen von Cybermobbing berührt sein. Eltern haften in der Regel nicht, da es unzumutbar ist, dass sie mediale Aktivitäten der Kinder ständig überwachen. Jedoch können Jugendliche selbst neben strafrechtlichen Folgen auch Schadensersatzansprüchen der betroffenen Person ausgesetzt sein.

Belästigung durch Dickpics

Ohne Einvernehmen handelt es sich beim Versenden von Nacktbildern nicht um Sexting, sondern um eine Form von sexueller Belästigung. Ein Problem, das vor allem von Männern ausgeht: Fotos von Penissen, sogenannte „Dickpics“, werden immer wieder ungefragt von meist unbekannten Personen verschickt. Die Bilder, mit denen Macht auf die EmpfängerInnen ausgeübt werden soll, erreichen NutzerInnen oft unvorbereitet per Messenger-App oder auf Sozialen Netzwerken. Das Versenden von Dickpics gehört zur unaufgeforderten Verbreitung von pornographischen Schriften und ist eine Straftat. Eltern können mit ihren Kindern bei ungewollten Fotos und Videos die empfangende Nachricht melden, den Kontakt blockieren oder melden und Anzeige gegen den Täter erstatten.