InfluencerInnen – Das verbirgt sich hinter den Idolen aus dem Internet
Kinder und Jugendliche folgen InfluencerInnen in sozialen Netzwerken, also auf YouTube, Instagram und TikTok. Sie schauen sich deren Fotos und Videos an und eifern dem Lifestyle ihrer Idole nach. Die wiederum halten Produkte in die Kamera und werden dafür bezahlt. Ihre FollowerInnen- und Klickzahlen sind die Basis ihres Einkommens durch Werbung.
Soziale Medien erfüllen Bedürfnisse, die Heranwachsende schon immer hatten. Sie helfen, Beziehungen zu pflegen, sich zu informieren und herauszufinden, wer man ist. So gesehen funktionieren YouTube, Instagram und Co. wie ein Spiegel. Man kann sich darin betrachten, sich mit anderen vergleichen und man kann InfluencerInnen bewundern und ihnen nacheifern. Idole im Internet sprechen die Sprache ihrer jungen Fans und haben dieselben Themen. Sie drehen ihre Clips von überall aus und sind vermeintlich ganz nah. Wer ihnen auf TikTok oder Snapchat folgt und auf das kleine Herz unter dem neusten Post klickt, tritt mit seinem Idol in Beziehung.
InfluencerInnen: Die neuen Idole
Dabei sind InfluencerInnen im Internet oft Vorbilder, beste Kumpel, großer Bruder, große Schwester und Ersatzelternteil in einer Person. Jugendliche fühlen sich ihnen näher als Popstars oder Fernsehschönheiten, weil sie sich in den gleichen Netzwerken bewegen wie ihre FreundInnen. Durch die Möglichkeit, Beiträge der InfluencerInnen zu kommentieren und im besten Fall auch Antwort zu bekommen, werden freundschaftliche Nähe und Teilhabe an deren Leben suggeriert. Wenn FollowerInnen über längere Zeit das Leben von InfluencerInnen verfolgen, kann sich das Gefühl einstellen, die Idole sogar persönlich zu kennen – sie bauen sogenannte parasoziale Beziehungen auf. Auf Social Media kommt es dann häufig zu einer Vermischung von parasozialen und sozialen Beziehungen. Häufig sind InfluencerInnen mit ihren Fans auch über verschiedene Plattformen hinweg verbunden, um Ausschnitte ihres Lebens online zu teilen und die Community mit einzubeziehen. Auch wenn Eltern die Faszination nicht immer nachvollziehen können: Das Herausbilden von Idolen und parasozialen Beziehungen ist als Teil des Sozialisationsprozesses und der Identitätsfindung ganz normal – so wie Heranwachsende schon immer Stars genutzt haben, um herauszufinden, wer sie selbst sind.
Versteckte Werbung
Hinter InfluencerInnenbeiträgen stecken oft kommerzielle Interessen – die für Kinder nicht immer leicht zu durchschauen sind. Werbung ist in Sozialen Netzwerken weniger transparent als in den klassischen Medien, zumal entsprechende Beiträge selten überhaupt als Werbung gekennzeichnet sind und sich die Kennzeichnung in Posts, Videos, Storys oder von Plattform zu Plattform unterscheidet.
Hinzu kommt, dass es eine Vielzahl von verschiedenen Werbeformen gibt, die mal mehr und mal weniger direkt sind. Sogenannte „Hauls“, bei denen die InfluencerInnen Einkäufe vor der Kamera präsentieren, fallen schnell als Werbung auf. Häufig sind jedoch indirekte Werbebotschaften sehr geschickt in den Content von InfluencerInnen eingebettet – nämlich wenn die Produkte so dargestellt werden, als ob sie Teil der natürlichen Lebenswelt der Influencer*innen sind. Aufgrund der großen Beliebtheit der Social-Media-Stars können solche indirekten Werbebotschaften Besitzwünsche wecken. Werbebotschaften von InfluencerInnen haben meist einen großen Einfluss auf Kinder und Jugendliche.
Grundsätzlich verstehen viele Jugendliche schon, dass es InfluencerInnen in erster Linie darum geht, Klicks und Abonnements zu bekommen, um ihre Bekanntheit zu vergrößern. Befragungen zeigen jedoch auch, dass Kinder und Jugendliche Werbebotschaften auf sozialen Netzwerken häufig nicht als negativ bewerten, sondern teilweise eher dankbar über die Empfehlung sind. Häufig haben junge NutzerInnen den Eindruck, dass Social-Media-Stars mit den Produktbeiträgen primär unterhalten wollen oder einfach nur ihre ehrlichen Meinungen teilen möchten. Bei den Fragen, wie authentisch die Empfehlung wirklich ist, was Motive von InfluencerInnen sind und was Gründe für die Zusammenarbeit mit Unternehmen sind, benötigen die Jugendlichen meist noch mehr Verständnis. Am besten klären Eltern daher schon früh darüber auf, was hinter Produktempfehlungen von Internet-Stars steckt, und thematisieren Werbetaktiken. Gemeinsam kann kritisch darüber geredet werden, wie Produkte dargestellt werden und ob die Versprechungen zutreffend sind. In sozialen Netzwerken hilft ein Verständnis dafür, dass das Dargestellte nicht immer der Wahrheit entspricht.
Körperideale und Beauty
Der Raum, in dem Jugendliche sich ausprobieren und vergleichen, hat sich durch soziale Netzwerke erweitert: Heute können sie sich dort mit der ganzen Welt messen – auch mit den scheinbar perfekten InfluencerInnen. Doch diese Vorbilder haben mit der Realität häufig wenig zu tun: Es ist wichtig, mit Kindern und Jugendlichen darüber zu sprechen, dass InfluencerInnen nur ausgewählte Eindrücke aus ihrem Leben teilen und darauf hinzuweisen, was mit Bild- und Videobearbeitung machbar ist.
Im Vergleich mit der schillernden Welt der InfluencerInnen erscheint Heranwachsenden der eigene Alltag langweilig, die eigenen Probleme schwerwiegender. Allein das Durchscrollen der InfluencerInnenbeiträge kann daher ein schlechtes Gefühl erzeugen. Es kann neben Zweifeln am eigenen Leben auch zu Zweifeln am eigenen Körper oder Aussehen kommen, denn viele InfluencerInnen vermitteln Schönheitsideale, Körpertrends oder einseitige, veraltete Geschlechterstereotype. So kann bei Kindern und Jugendlichen der Eindruck entstehen, dass eine positive Selbstwahrnehmung nur durch die Erfüllung dieser Ideale möglich ist. Wenn Heranwachsende diese Perfektion auch von sich selbst abverlangen, verspüren sie mitunter einen enormen Druck. Denn das demonstrative Selbstbewusstsein und die Selbstbestimmungsappelle von InfluencerInnen sind auch nicht selten mit bedenklichen Ratschlägen verbunden: Auf den Kanälen von Fitness- und Beauty-InfluencerInnen lassen aich beispielsweise winzige Mahlzeiten oder Kalorien-Tracking finden. Gleichzeitig knüpfen InfluencerInnen die dargestellten Ideale an Konsum: Sie befördern die Ideologie, dass alle es schaffen können, so „perfekt“ zu werden – solange nur die richtigen Produkte gekauft werden.
Wichtig ist deswegen, dass Eltern ihr Kind dabei unterstützen, kritisch zu bleiben und Inszenierungen sowie verzerrte Realitäten zu hinterfragen. Gleichzeitig kann es helfen, über Bildbearbeitung Bescheid zu wissen. Dabei unterstützen Angebote wie der Ratgeber von JUUUPORT: Mit altersgerechten Informationen hilft der Ratgeber, Jugendliche für einen reflektierten Umgang mit Schönheitsidealen im Internet und die Selbstinszenierung von Influencer*innen zu sensibilisieren.
Faszination InfluencerInnen: Chancen und Risiken
- Der Wunsch, selbst InfluencerIn zu werden und ebenfalls ein vermeintlich perfektes Leben als Online-Star zu führen, ist bei vielen Heranwachsenden groß. Das kann gerade junge NutzerInnen dazu animieren, selbst Bilder und Clips von sich online zu veröffentlichen und dabei tiefe Einblicke in ihre Privatsphäre zu geben. Das birgt Risiken beim Datenschutz, Mobbing oder Belästigung.
- Genauso kann es zum Risiko werden, wenn sich zum Beispiel ein/e InfluencerIn abwertend über eine andere Medienpersönlichkeit äußert und sich die FollowerInnen bewusst mit hetzerischen Kommentaren anschließen. Um solche Verhaltensweisen zu verhindern, können Eltern mit ihren Kindern über angemessene Umgangsformen im Netz sprechen.
- Die Begeisterung für InfluencerInnen kann auch positive Seiten haben: In der Jugend helfen Idole beim Ablösungsprozess und bei der Identitätssuche. Die Vielzahl an InfluencerInnen deckt so gut wie jedes Hobby und jede Lebensphase: Ob Heimwerken, Bücher, Nachhaltigkeit, Reisen, Haustiere, Pflanzen, Musik oder Kunst – mit Spezialwissen für fast alle Interessen. Junge NutzerInnen können auch etwas dazulernen.
- Ebenso berichten viele Internet-Persönlichkeiten mit unterschiedlicher Herkunft oder Sexualität über ihren Alltag. Vorbilder können auch grundsätzlich etwas Gutes sein und Vielfalt abseits der Norm präsentieren. In Communitys von InfluencerInnen können Heranwachsende auch Gleichgesinnte treffen und Gemeinschaft fühlen.
Wichtig ist, dass Eltern sich ein Bild davon machen, für welche Online-Idole ihr Kind schwärmt. So bleiben sie auf dem Laufenden, was ihr Kind beschäftigt und können Themen ansprechen, die problematisch werden könnnen, damit ihr Kind die Beiträge von InfluencerInnen besser einordnen kann.