Pädosexuelle im Netz: Alltagsaufnahmen von Social Media im Fokus

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Pädosexuelle suchen in den sozialen Netzwerken gezielt nach ihnen, um sie zu tauschen und zu teilen: Alltagsfotos von Kindern. Eltern können ihr Kind schützen, indem sie keine Fotos oder Clips veröffentlichen, auf denen es klar zu erkennen ist. SCHAU HIN! empfiehlt außerdem, Sicherheitseinstellungen vorzunehmen.

Ein kleines Mädchen liegt auf der Couch und liest ein Buch
Josh Applegate/Unsplash

Unbedacht gepostete Bilder von Heranwachsenden landen unbemerkt auf Pornografieseiten oder Fotoblogs. Dabei handelt es sich nicht nur um freizügige oder missbräuchliche Darstellungen von Kindern: Häufiger als gedacht finden Aufnahmen, die ursprünglich aus sozialen Netzwerken stammen und Kinder in harmlosen Alltagssituationen zeigen, Aufmerksamkeit bei Pädosexuellen. Eine Recherche des ARD-Politikmagazins „Panorama“ und des investigativen Reportageformats „STRG_F“ (NDR für funk) zeigt die Dimensionen des Bildermissbrauchs auf.

Kopiert, weitergeteilt, missbraucht

Von der Veröffentlichung von Bildern, die den Nachwuchs in der Badewanne oder am Strand zeigen, wird Eltern schon lange abgeraten. Doch wie groß das Interesse von Pädosexuellen an Bildern von Mädchen und Jungen in Alltagssituationen ist – etwa ein Schnappschuss auf dem Spielplatz oder ein Selfie beim Eis-Essen – ahnen viele nicht. Ausgerechnet diese Alltagsfotos von Kindern kursieren als „Non Nude“, also „nicht nackt“, auf Plattformen, auf denen auch Missbrauchsdarstellungen von Kindern, sog. „kinderpornografische Aufnahmen“, getauscht werden. Ein Großteil der Bilder stammt laut den Recherchen der InvestigativjournalistInnen von „STRG_F“ und „Panorama“ ursprünglich aus sozialen Netzwerken. Denn auf Facebook oder Instagram ist es für viele Kinder, Jugendliche und Eltern ganz normal, ihre Erlebnisse in Form von Bildern zu teilen. Sogenannte „Trader“, also „Händler“, kopieren die Fotos. Anschließend werden sie im Darknet sowie auf manchen regulär zugänglichen Foto-Plattformen hochgeladen und mit obszönen Kommentaren versehen, die die pädosexuellen Einstellungen der Nutzer und Nutzerinnen erkennen lassen: Viele von ihnen beschreiben unter den Beiträgen ihre Fantasien von sexuellen Handlungen an den abgebildeten Kindern. Teilweise geben die Täter und Täterinnen auch Namen und Alter der Heranwachsenden preis und verlinken sogar die ursprünglichen Social-Media-Profile, sodass sie die Abgebildeten für andere User und Userinnen leicht identifizierbar machen.
Bei jedem vierten Bild, das auf den in der Reportage untersuchten Plattformen hochgeladen wird, konnte in der Recherche mithilfe der Metadaten die Anwendungen Facebook oder Instagram als Quelle ausgemacht werden. Es ist jedoch zu vermuten, dass noch ein höherer Anteil der „Non Nudes“ aus diesen sozialen Netzwerken stammen könnte, da sich die Dateiinformationen auch verwischen lassen. Außerdem wurden auch Hinweise darauf gefunden, dass die „gestohlenen“ Alltagsfotos ihren Ursprung auf Plattformen YouTube, TikTok und WhatsApp haben. Das Rechercheteam identifizierte auch Gruppenbilder von Sportvereinen oder Klassenfotos, die auf Plattformen von Pädosexuellen hochgeladen wurden. In einem besonders schweren Fall hatte ein Täter 979 Fotos und 105 Videos von der Instagram-Seite eines Neunjährigen aus Deutschland verbreitet – unbemerkt von der Familie des Jungen.

Die rechtliche Lage bei sexualisierten Kinderbildern

Die Schwierigkeit für Ermittlungsbehörden besteht darin, dass die Bildinhalte der „Non Nudes“ an sich keine Missbrauchsdarstellungen und somit nicht strafbar sind. Bei „gestohlenen“ Alltagsbildern können sie deswegen nur selten aktiv werden. Erst, wenn in den Kommentaren sexuelle Handlungen an Kindern beschrieben werden, kann strafrechtlich dagegen vorgegangen werden. Wenn Eltern mitbekommen, dass ein Foto ihres Kindes kursiert, können sie trotzdem Anzeige erstatten. Denn es gilt das Recht am eigenen Bild: Ohne das Einverständnis der UrheberInnen und Abgebildeten dürfen fremde Fotos nicht weiterverbreitet werden. Allerdings wissen die wenigsten Eltern, dass ihre Aufnahmen oder die des Nachwuchs online zirkulieren. Auch gezielt danach suchen können sie schlecht, ohne sich selbst strafbar zu machen: Im Darknet ist nämlich häufig das Teilen von Fotos eine Voraussetzung, um pädosexuellen Netzwerken beitreten zu können und mehr Bilder von anderen Usern und Userinnen zu erhalten – hier gelten Kinderbilder als Währung.

Wie Eltern ihre Kinder schützen können

Ermittlungsbehörden und Jugendschutzverbände appellieren, keine Bilder von Kindern zu teilen. Wie die Recherche von „STRG_F“ und „Panorama“ zeigt, wird das Teilen jeder Art von Kinderfoto schnell zum Risiko, weil diese in falsche Hände geraten können.

Falls Eltern doch Bilder des Kindes veröffentlichen, können sie ihre Kinder schützen, indem diese auf Fotos nicht direkt erkennbar sind und die Ortsbestimmung deaktiviert ist. Wenn die Kinder alt genug sind, können Eltern ihr Einverständnis einholen, bevor sie Fotos von ihnen teilen. Eltern gehen am besten mit gutem Beispiel vorangehen, um Vorbild für den sorgsamen Umgang mit persönlichen Daten im Netz zu sein. Es ist ratsam, die möglichen Privatsphäre-Einstellungen Sozialer Netzwerke zu aktivieren, um die Sichtbarkeit der eigenen Inhalte einzuschränken. Das gilt sowohl für Heranwachsende als auch für Eltern, die Aufnahmen veröffentlichen. Am besten besprechen Eltern mit ihren Kindern, wie viel sie über sich preisgeben sollten und begleiten sie dabei, ihr eigenes Profil sicher einzurichten. Die JournalistInnen fanden bei ihrer Recherche auch Aufnahmen, die ursprünglich von privaten Social-Media-Profilen stammten und gar nicht öffentlich einsehbar waren – was bedeuten könnte, dass es unter den FollowerInnen der Eltern oder Kinder Personen gab, die Inhalte weiterteilten. Wichtig ist also auch, nur Freundschaftsanfragen von vertrauenswürdigen und befreundeten NutzerInnen anzunehmen.