Freunde-System: Snapchat sorgt für sozialen Druck auf Kinder

Viele Jugendliche nutzen Snapchat, um mit ihren FreundInnen zu kommunizieren. Und das nicht ohne Grund: Die Social-Media-App animiert ihre NutzerInnen mit einem Belohnungssystem dazu, möglichst viele Momente über die Anwendung zu teilen. Für die jungen NutzerInnen kann das jedoch enormen Druck bedeuten.

hinter einer Wand mit Graffiti sitzt eine jugendliche Person, von der man nur die Beine in zerrissenen Jeans und Sneakers und die Hände mit einem Smartphone sieht.
Marcino/pixabay

Kontakt zu FreundInnen ist Jugendlichen wichtig. Laut JIM-Studie 2020 nutzen 51 Prozent die App Snapchat mindestens mehrmals pro Woche – und das besonders aktiv. Von den Jungen gaben 44 Prozent an Snapchat regelmäßig zu nutzen. Bei den Mädchen waren es mit 60 Prozent deutlich mehr. Oft folgt der Austausch mit FreundInnen über Social-Media-Dienste bestimmten Regeln und Ritualen, die für junge Menschen einen hohen Stellenwert einnehmen können. Wichtig ist, dass die jungen NutzerInnen ihre Freundschaften nicht von den Mechanismen der Sozialen Netzwerke abhängig machen.

Das Snapchat-Belohnungssystem

Neben einem generellen Trend zur bildhaften Kommunikation ist auch Snapchats Belohnungssystem ein Grund für die große Beliebtheit der App. Mit verschiedenen Smileys bewertet der Social Media-Dienst den Austausch zwischen zwei NutzerInnen: Ein rotes Herz neben dem Namen eines Kontaktes zeigt zum Beispiel an, dass die Snapchat-FreundInnen sich seit mindestens zwei Wochen gegenseitig die meisten Snaps schicken. Das Flammensymbol bedeutet, dass zwei NutzerInnen mindestens drei Tage am Stück jeweils innerhalb von 24 Stunden Snaps ausgetauscht haben; die Zahl neben der Flamme dokumentiert die Anzahl der Tage mit regelmäßigem Kontakt (auch Snapstreak genannt). Besonders die Snapchat-Flamme weckt den spielerischen Ehrgeiz der NutzerInnen. Wie lange kann der heiße Draht zwischen den UserInnen aufrecht gehalten werden?

Sozialer Druck durch Snapchat-Smileys

Was für viele NutzerInnen ein witziges Detail ist, kann durchaus sozialen Druck auf Jugendliche aufbauen. Ein grinsender Smiley neben einem Kontakt zeigt beispielsweise an, dass dieser Kontakt dem/r NutzerIn besonders viele Snaps schickt, aber keine Antwort erhält. Auf der Snapchat-Supportseite heißt es: „Du bist der/die beste FreundIn dieser Person, aber sie ist nicht dein/e beste/r FreundIn“.
Vergleiche dieser Art können im sozialen Gefüge der jungen NutzerInnen eine große Rolle einnehmen und dementsprechend Selbstbewusstsein und -wahrnehmung der Jugendlichen beeinflussen, wenn der Wert einer Freundschaft durch einen Smiley oder die Länge der „Snapstreaks“ definiert wird.

SCHAU HIN!-Tipps im Umgang mit Sozialen Netzwerken

Jüngere Kinder unter zwölf Jahren sollten Snapchat nicht nutzen. Eltern können einstellen, dass Apps ab einer bestimmten Altersstufe aus dem Appstore gefiltert werden. Dann kann Snapchat nicht auf das Smartphone des Kindes geladen werden.

Ab dem Teenageralter gehört Snapchat für die meisten zum Alltag. Eltern können ihr Kind dabei unterstützen, die App maßvoll zu nutzen, und es vor möglichen negativen Auswirkungen schützen:

  • Abwechslung bieten und bestärken
    Kinder sollten unterschiedliche Möglichkeiten der Freizeitgestaltung kennenlernen und Medien als Mittel und nicht als Zweck, etwa gegen Langeweile, nutzen. Wichtig ist auch, das Selbstwertgefühl zu stärken. Dazu gehören die Fähigkeit, lösungsorientiert mit belastenden oder als stresshaft erlebten Situationen des täglichen Lebens umzugehen, sowie zu selbstbestimmtem Handeln.
  • Vorbild sein
    Eltern können mit Ihrer eigenen Mediennutzung ein gutes Vorbild für ihr Kind sein und sich auch selbst kritisch fragen, wie oft Sie welche Medien wozu nutzen. Für ältere Kinder sind Smartphone-Verbote und begrenzte Medienzeiten nicht sinnvoll. Aber ein gemeinsamer medienfreier Tag in der Woche oder Medienfasten als Challenge innerhalb der Familie können helfen, auch mal Snapchat-Pausen einzulegen.
  • Im Gespräch bleiben
    Eltern können mit ihrem Kind regelmäßig über Medienthemen und Medienerlebnisse sprechen. Kinder können im Gespräch über Medien von ihrem Alltag, ihren Kontakten und Themen erzählen. Eltern können die Entwicklung und Sozialisation ihrer Kinder reflektieren, und deren Perspektive nachvollziehen. Sie können ebenso über ihre Sichtweise und eigenen Erfahrungen sprechen, dies miteinander abgleichen und dabei ihre eigenen Standpunkte vertreten und begründen sowie Kinder dafür sensibilisieren.

Auf der Snapchat-Hilfeseite gibt es weitere Informationen zu Bedeutung und Anpassungsmöglichkeiten der einzelnen Freundschafts-Smileys der App.