Binge-Watching bei Kindern: Über ein Drittel der befragten GrundschülerInnen betroffen

Die vierbeinigen Helfer in „Paw Patrol“ bei ihren Missionen verfolgen, dem Schwein „Peppa Wutz“ oder dem Ninja-Team von „Ninjago“ bei ihren Abenteuern zusehen – das Angebot an Serien für Kinder auf Video-Plattformen wie Netflix, Amazon Prime und YouTube Kids ist vielfältig. Dabei scheinen viele Kinder mit dem Serienspaß jedoch nicht mehr aufhören zu können, mit negativen Folgen für sie selbst und andere – besagt eine Untersuchung des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) von 2019.

Ein Mädchen sitzt im Dunklen allein auf der Couch und guckt TV
Inti St. Clair/Fotolia

Eine Studie des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) zeigt, dass das Phänomen „Binge-Watching“ – das Dauersehen, bei dem mehrere Folgen einer Serie hintereinander angeschaut werden – nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei Kindern vorkommt. Betroffen sind insbesondere Haushalte mit Zugang zu Streaming-Diensten. Das IZI befragte Grundschulkinder aus Familien, die regelmäßig Streaming-Plattformen wie Netflix, Amazon Prime und YouTube Kids nutzen. An der Untersuchung nahmen 326 Mädchen und Jungen zwischen sechs und neun Jahren teil.

Ein Drittel der Kinder sind Dauergucker

In Familien, die Streaming-Dienste nutzen, sehen mehr als acht von zehn Kindern zwei oder mehrere Folgen hintereinander. Besonders beliebt sind dabei Serien wie Paw Patrol, Peppa Wutz und Ninjago, die sowohl auf Netflix, Amazon Prime und YouTube Kids abrufbar sind. Fast die Hälfte der jungen KonsumentInnen (43 Prozent) zeigt leichte Formen des Binge-Watching, sie schauen in der Regel nicht mehr als zwei Folgen hintereinander. Diese Kinder verbringen täglich rund eine halbe bis Stunde auf Streaming-Plattformen. 40 Prozent der GrundschülerInnen zählen laut Studie zu „Heavy Binge Watchers“. Das sind Kinder, die normalerweise drei oder mehr Folgen hintereinander sehen. Sie streamen normalerweise über eine Stunde am Tag. Die Plattform YouTube Kids wird von den Befragten dabei täglich am häufigsten genutzt (von 24 Prozent, Netflix: 17 Prozent, Amazon Prime: zwölf Prozent).  

Merkmale einer Abhängigkeitsgefährdung, besonders bei YouTube Kids

Das Vielsehen wird nach aktuellem Wissen zwar nicht als Abhängigkeit im klinischen Sinne bewertet, anders als Internet- oder Computerspielsucht, dennoch ließen einige der befragten Kinder Momente der Abhängigkeitsgefährdung wie Kontrollverlust, negative sozialen Folgen und leichte Entzugserscheinungen erkennen. Sieben von zehn Kindern merken, dass sie manchmal gar nicht damit aufhören können, eine Folge nach der anderen zu sehen. Rund die Hälfte stellt für sich fest, dass sie mehr Zeit beim Schauen immer neuer Folgen verbringt, als sie sich vorgenommen hat. Dadurch unternehmen sie weniger mit anderen. Knapp jedes Dritte Kind beschreibt sich als genervt und unzufrieden, wenn sie nicht mehrere Folgen hintereinander sehen können. NutzerInnen von YouTube Kids beschreiben diese Merkmale jeweils ausgeprägter und häufiger. Ob der unterschiedliche Gebrauch von Trägermedien dabei eine Rolle spielt (YouTube Kids konsumieren sechs von zehn Kindern über Tablet und Smartphone, Amazon Prime und Netflix werden meistens über den Fernseher konsumiert), lässt die Studie offen.

Dabei ist das Problem nicht unbedingt der Inhalt, sondern vor allem die Zeit, die Kinder mit dem Medium verbringen.

Dr. Maya Götz, Leiterin des IZI

Kinder, die schon früh viel fernsehen, sind gefährdeter

Die Studie zeigte auch den Stellenwert der frühkindlichen Mediennutzung und deren Einfluss auf das Streaming-Verhalten. Acht von zehn Kindern (81 Prozent) haben demnach schon früher dieses Nutzungsmuster gezeigt. Kinder, die schon im Alter von fünf Jahren viel ferngesehen haben, beschreiben eher Merkmale eines Kontrollverlusts und Entzugserscheinungen als Kinder, die mit fünf Jahren wenig ferngesehen haben.