Tresor-Apps: alles gut geschützt?

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Private Fotos oder Chats lassen sich per Tresor-Apps vor den Blicken Dritter verbergen. Doch die geheimen Funktionen sind nicht immer ganz harmlos. SCHAU HIN! rät Eltern, mit ihren Kindern über Privatsphäre zu sprechen.

Ein Mädchen hält sich einen Finger vor die Lippen und macht das Symbol für Stille
Unsplash/Raíssa Letícia

Bei WhatsApp können NutzerInnen seit Kurzem eine Chatsperre aktivieren, um ihre persönlichsten Chats mit einem Passwort abzusichern. Die Sperre soll Nachrichtenverläufe vor fremden Augen schützen: Die Unterhaltungen werden in einen extra Ordner verschoben und in den Benachrichtigungen sind dann weder die Inhalte der Nachricht, noch der Name des Kontakts zu lesen.

Solche Tresorfunktionen werden auch „Vault Features“ genannt (engl. „vault“ = „Tresor“). Mittlerweile gibt es immer mehr Vault-Apps, mit denen BenutzerInnen Bilder, Videos, Anrufe oder ganze Anwendungen ausblenden und diese so auf ihrem Smartphone verstecken können. Viele der Tresoranwendungen sehen auf den ersten Blick wie ein Taschenrechner aus – doch durch die Eingabe eines geheimen Codes, zum Beispiel „16x7“, können die verborgenen Inhalte freigeschaltet werden. Vault-Apps sind bei Jugendlichen beliebt: Einerseits sind sie nützlich, um zu verhindern, dass neugierige FreundInnen oder KlassenkameradInnen bei der gemeinsamen Handynutzung etwas zu sehen bekommen, was die Heranwachsenden lieber privat halten möchten. Andererseits werden die Anwendungen auch genutzt, um bedenkliche Aktivitäten vor ihren Eltern zu verbergen.

Verborgene Risiken

Eltern sollten folgende Punkte beachten, die für NutzerInnen von Tresor-Apps zum Risiko werden können:

  • Datenschutz
    Peinliche Selfies, Läster-Screenshots oder sogar Nacktfotos soll nicht jeder zu sehen bekommen. Wie sicher die Aufnahmen jedoch wirklich sind, ist nicht immer ganz klar. SicherheitsexpertInnen warnen davor, dass einige Tresor-Apps die anvertrauten Daten missbrauchen, an WerbenkundInnen verkaufen oder die Geräte mit Malware infizieren können. Zudem besteht bei den Tresor-Apps (genau so wie auch bei Clouds) das Risiko von Bugs oder Hackerangriffen.
  • Strafbare Inhalte
    Dass alle Bilder und Nachrichten in geheime Ordner geschoben werden können, heißt noch lange nicht, dass jede Art von Inhalt dort erlaubt ist. Strafbare Inhalte wie Missbrauchs- oder Gewaltdarstellungen dürfen auch in Vault-Apps nicht gespeichert werden und können Konsequenzen nach sich ziehen.
  • Überblick verlieren
    Tresor-Apps können es Eltern erschweren, darüber im Bilde zu bleiben, wie ihr Kind das Smartphone oder Tablet nutzt. Heranwachsende können einen Browser, Spiele-Apps oder soziale Netzwerke vor den Blicken der Erwachsenen verstecken. Technische Jugendschutzmaßnahmen können nur zuverlässig funktionieren, wenn sie alle Anwendungen auf dem Smartphone des Kindes einbeziehen.

Von Anfang an Smartphone sichern

Wenn Heranwachsende das erste eigene Smartphone bekommen, ist das Herunterladen von Anwendungen anfangs am besten Elternsache. Dazu können die Downloads und Käufe in den App-Stores mit einem Passwort gesichert werden. So behalten Eltern von Beginn an den Überblick, welche Apps ihr Kind nutzt und können die entsprechenden Jugendschutzeinstellungen treffen. Genauso wichtig ist es, das Vorgehen mit den Kindern zu besprechen, damit sie ein eigenes Verständnis für eine sichere Mediennnutzung entwickeln können.

Wenn junge NutzerInnen sich Gedanken machen, wie sie ihre Bilder oder andere Inhalte schützen können, falls ihnen mal jemand über die Schulter schaut oder sie ihr Gerät verlieren, können Eltern ihnen zeigen, wie das auch ohne zusätzliche Tresor-App funktioniert. Sowohl bei iPhones als auch bei Android-Geräten ist eine Tresorfunktion meist schon in die Galerie integriert: Aufnahmen können über die Option „Ausblenden“ in einen Ordner verschoben werden, der mit dem Entsperr-Code des Smartphones oder einem neuen Passwort vor fremden Augen geschützt ist.

Vertrauen statt Kontrolle

Wenn Kinder und Jugendliche anfangen, Smartphones und Tablets zu nutzen, ist ein gutes Vertrauensverhältnis zu ihren Eltern wichtig. Familien sollten dafür einen Rahmen schaffen, in dem Kinder nicht das Gefühl haben, dass sie etwas verstecken müssen. Das gelingt, indem Eltern von Beginn an Interesse an den Medienaktivitäten des Kindes zeigen und seine Bedürfnisse ernstnehmen. Statt Chats heimlich zu lesen, die Foto-Galerie zu durchforsten oder darauf zu bestehen, ist es besser, eine Grundlage für einen aktiven Austausch in der Familie zu schaffen und eine offene Kommunikation zu fördern. Dazu gehört, die Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen, einfühlsam zu sein und Verständnis zu zeigen – auch, wenn Kinder mal etwas nicht erzählen möchten. So stehen die Chancen gut, dass Kinder sich sicher fühlen, über ihre Erfahrungen sprechen zu können. Wichtig ist auch, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, wenn mal etwas schief geht. Gespräche über Privatsphäre sind nicht nur bei der Mediennutzung sinnvoll, sondern auch in anderen Lebensbereichen der Heranwachsenden.